Wenn die Staatsanwaltschaft von einer möglichen Straftat Kenntnis erlangt und ein Anfangsverdacht vorliegt, ist sie verpflichtet, Ermittlungen einzuleiten. Ein Anfangsverdacht liegt dann vor, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen. Dabei ist grundsätzlich ausreichend, dass nach kriminalistischer Erfahrung eine verfolgbare Straftat gegeben sein könnte.
Das hat aber zur Folge, dass Ermittlungen relativ früh eingeleitet werden müssen, weshalb nicht selten das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt werden muss bzw. kann. Diese Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO hat aber noch nicht zur Folge, dass die Ermittlungen auch in der Zukunft nicht wiederaufgenommen werden dürfen.
Der Sachverhalt
Das Amtsgericht Nürnberg ordnete mit Beschluss vom 25.08.2020 die Durchsuchung des Wohnanwesens des Beschuldigten an. Gesucht wurden dabei elektronische Speichermedien. Mit Beschluss vom 21.01.2021 berichtigte das Amtsgericht den ursprünglich fehlerhaft ergangenen Beschluss und änderte die dort fehlerhafte Postleitzahl des Durchsuchungsobjekts. Der korrigierte Beschluss wurde am 22.01.2021 durch die Kriminalpolizei vollzogen. Dabei wurden zahlreiche Speichermedien sichergestellt.
Dem Durchsuchungsbeschluss lag der Verdacht zugrunde, der Beschuldigte habe sich der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gem. §§ 201 Abs. 1, 205 Abs. 1 StGB strafbar gemacht, indem er das zwischen ihm und zwei Polizeibeamten anlässlich einer Verkehrskontrolle geführte Gespräch heimlich mit einem Mobiltelefon aufgezeichnet habe, obwohl er gewusst habe, dass er dazu nicht berechtigt gewesen sei.
Gegen die Durchsuchung und die Beschlagnahme der Speichermedien legte der Beschuldigte Beschwerde und Überprüfung für das Landgericht auf Rechtmäßigkeit eines Durchsuchungsbeschlusses ein.
Der Ermittlungsrichter hat der Beschwerde hinsichtlich des Durchsuchungsbeschlusses nicht abgeholfen und die Vorlage der Akte beim Beschwerdegericht angeordnet. Der Rechtsbehelf hat aber keinen Erfolg.
Die Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet, weil die Durchsuchung von Rechts wegen erfolgen durfte.
Der Durchsuchungsbeschluss ist rechtmäßig ergangen.
Damit eine Durchsuchung rechtmäßig sein kann, muss ein Anfangsverdacht gem. § 152 Abs. 2 StPO wegen einer bestimmten Straftat vorliegen. Dieser liegt vor, wenn auf der Grundlage konkreter Tatsachen nach kriminalistischer Erfahrung die Möglichkeit besteht, dass eine verfolgbare Straftat begangen worden ist. Diesen konkreten Anfangsverdacht hat der Beschuldigte selbst geschaffen, indem er in einer anderen Sitzung geäußert hat, er habe sein Handy in die Buchse gesteckt und das Ende des Gesprächs (mit dem Polizisten) aufgezeichnet.
Darin lag eine Selbstbezichtigung des Beschuldigten, eine Straftat nach § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB begangen, zumindest aber versucht zu haben. Nach der genannten Vorschrift wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt. Nichtöffentlich gesprochen ist ein Wort dann, wenn es nicht an die Allgemeinheit gerichtet ist oder nicht über einen durch persönliche oder sachliche Beziehungen abgegrenzten Personenkreis hinaus verbreitet werden soll. Die Nichtöffentlichkeit ist bei der hier durch die Verkehrskontrolle situativ, räumlich und persönlich geschaffenen Eingrenzung gegeben.
An dem Anfangsverdacht ändert auch nicht, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren zunächst gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat. Die Einstellung nach dieser Vorschrift entfaltet keine Sperrwirkung, sodass die Staatsanwaltschaft sich jederzeit wieder mit dem Sachverhalt befassen kann, wenn Anlass hierfür besteht. Aufseiten des Beschuldigten besteht insoweit kein Vertrauensschutz auf den Bestand der ursprünglichen Einstellungsverfügung.
Die Kammer merkt an, dass aus der Akte, soweit sie im Rahmen der Beschwerde vorgelegt wurde, nicht nachvollziehbar ist, aufgrund welcher Umstände oder Erwägungen sich die Staatsanwaltschaft dazu entschlossen hat, von ihrer ursprünglichen Einschätzung, die der Verfahrenseinstellung zugrunde gelegen hatte, abzurücken und das Verfahren wieder aufzugreifen.
Daraus folgt indessen kein durchgreifendes Argument gegen die Rechtmäßigkeit der erneuten Befassung mit dem Fall, denn es ist umgekehrt auch nicht ersichtlich, dass das Vorgehen der Staatsanwaltschaft sachfremd motiviert gewesen wäre.
Auch der Umstand, dass der Beschuldigte angibt, die Aufnahme versehentlich gemacht zu haben, ändert an der Annahme des Anfangsverdachts nichts. Die Ermittlungsbehörden sind nicht verpflichtet, der Einschätzung eines Beschuldigten hinsichtlich des subjektiven Tatbestands einer Norm zu folgen, sondern haben eigenständig zu bewerten, ob die feststellbaren Umstände eine Annahme einer vorsätzlichen Tat rechtfertigen.
Auch muss die Staatsanwaltschaft dem Behauptungen des Beschuldigten nicht glauben, er habe die gesuchte Sache nicht mehr. Die übrigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen, insbesondere die Verhältnismäßigkeit des angegriffenen Beschlusses, liegen vor. Das Auffinden des Tonträgers ist für den Tatnachweis geeignet und erforderlich und die Durchsuchung war, auch in Anbetracht des hohen Stellenwerts der Unverletzlichkeit der eigenen Wohnung (Art. 13 GG), noch angemessen.
Ohne den Tonträger selbst lässt sich nicht belegen, ob die Aufnahme des Gesprächs – verstanden als Tätigkeit des Aufnehmens, die der Beschuldigte selbst zugegeben hat – zu einem Erfolg geführt hat. Aufnehmen im Sinne der Strafvorschrift ist das Festhalten des gesprochenen Wortes auf einem Tonträger in der Weise, dass es wieder hörbar gemacht werden kann.