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Strafmündigkeit

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Ein Schwarz-Weiß-Foto eines Mannes, der sein Gesicht mit der Hand bedeckt und das Konzept der Strafmündigkeit darstellt.

Nicht jeder, der Straftaten begeht, kann dafür auch zur Verantwortung gezogen werden. Kinder unter 14 Jahren sind grundsätzlich nicht strafmündig. Das hat zur Folge, dass wenn ein Kind unter 14 Jahren eine Straftat begeht, es dafür nicht bestraft wird, unabhängig davon um welche Art der Straftat es sich handelt.

Die Eltern sind dann zwar zivilrechtlich verpflichtet Schadensersatz zu leisten, aber Bestrafung auch der Eltern im strafrechtlichen Sinne kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Etwas anderes gilt selbstverständlich, wenn die Erwachsenen von einer Begehung einer Straftat des Kindes wussten und dagegen nichts unternommen haben. In diesem Fall kommt eine Bestrafung wegen Beihilfe durch Unterlassen in Betracht.

Begeht ein Kind, das älter als 14 Jahre ist eine Straftat, muss es sich dann vor Gericht für die Tat verantworten, wenn das Gericht feststellt, dass das Kind die Verantwortung für die Straftat erkennen konnte und entsprechend danach handeln konnte. Im März 2023 wurde die Diskussion über die Herabsetzung der Strafmündigkeit erneut entfacht. Grund dafür war, dass eine 12 und eine 13-Jährige verdächtigt wurden, eine 12-jährige erstochen zu haben. Strafrechtlich können die beiden mutmaßlichen Täterinnen nicht zur Verantwortung gezogen.

Aktuelle Rechtslage

Nach § 19 StGB sind Personen unter 14 Jahren schuldunfähig. Die Vorschrift beinhaltet eine normativ bindende und damit unwiderlegbare Schuldlosigkeitsvermutung für diese Altersgruppe. Das bedeutet aber eben nicht, dass alle Personen unter 14 Jahren zu einem normgerechten Verhalten nicht in der Lage sind. § 19 StGB basiert primär auf justizökonomischen Erwägungen.

Durch die Strafmündigkeitsgrenze soll die Einholung aufwändiger und kostenintensiver Sachverständigengutachten zum Entwicklungsstand der Jugendlichen vermieden werden. Materiell-rechtlich stellt § 19 StGB einen generellen Sanktionsausschluss dar. Gegen den unter 14-jährigen Täter darf weder Strafe noch eine Maßregel der Besserung und Sicherung noch eine Sanktion nach dem JGG verhängt werden.

Prozessual bedeutet die Strafunmündigkeit, dass es Verfahrenshindernis vorliegt, welches in jeder Lage des Verfahrens zu beachten ist. Ein eingeleitetes Ermittlungsverfahren ist demnach gem. § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Etwaige Dursuchungen oder Sicherstellungen bei einem unter 14 Jährigen sind unzulässig.

Politische Diskussion

Ausgangspunkt der Diskussion über die Herabsetzung der Strafmündigkeitsgrenze ist die Frage, ob Kinder heutzutage schneller reifen als noch vor 100 Jahren als die Grenze in Kraft trat. Hauptargument ist, dass Kinder heute neben schnelleren biologischen Reifungen in allen Lebensbereichen früher und besser orientiert seien.

Dem kann jedoch entgegengehalten werden, dass die soziale Reifung des Kindes infolge längerer Ausbildungsdauer und der damit vielfach einhergehenden späteren Trennung vom Elternhaus eher eine Verlangsamung der Reifung eintritt. Auch die vielfältigen und sehr unterschiedlichen Wertstrukturen, die Digitalisierung sowie der Einfluss außerfamiliärer Institutionen – etwa der Medien- könnten sich auf den sozialen Entwicklungsprozess eher hinderlich auswirken.

Hat ein junger Täter, das Mindestalter von 14 Jahren erreicht, ist er nach aktuellem Recht strafmündig. In diesen Fällen kann unter Umständen das Jugendstrafrecht angewendet werden. Das Jugendgericht kann aber auch zu dem Ergebnis kommen, dass der Täter zwar theoretisch strafmündig ist, aber solch erheblichen Reifeverzögerungen aufweist, dass eine Bestrafung unangemessen erscheint. In diesen Fällen kann das Jugendgericht auf familiengerichtliche Erziehungsmaßnahmen zurückgreifen.

Das sind gem. § 34 Abs. 3 JGG Maßnahmen zur Unterstützung der Erziehungsberechtigten sowie zur Abwendung einer Gefährdung des Jugendlichen anstelle der Erziehungsberechtigten. Die Intensität des gerichtlichen Eingriffs bestimmt sich nach dem von ihm erwarteten erzieherischen Nutzen, nicht hingegen nach der Schwere der Tat.

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Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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