Was passiert eigentlich genau während eines Strafverfahrens?

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Eine Gruppe von Hamburger Strafverteidigungsanwälten sitzt in einem Gerichtssaal.

Das Strafverfahren beginnt immer mit einer Anzeige. Die Anzeige ist die Mitteilung eines Sachverhaltes, der theoretisch strafbar sein könnte. Diese Anzeige kann von Amtswegen erfolgen (Polizei) oder durch den Bürger selbst, gegenüber den Ermittlungsbehörden (Polizei und Staatsanwaltschaft). Diese prüfen dann von Amtswegen, ob an der Anzeige „etwas dran ist“, und zwar sowohl in rechtlicher, wie auch in tatsächlicher Hinsicht (Legalitätsprinzip).

 

Strafantrag

 

Von der Strafanzeige zu unterscheiden ist der sogenannte „Strafantrag“, der den Wunsch einer Person zum Ausdruck bringt, eine andere Person möge strafrechtlich verfolgt werden. Einige Delikte werden nur auf Antrag verfolgt, eine bloße Anzeige genügt nicht, zum Beispiel der Hausfriedensbruch nach § 123 StGB. Hier muss der Hausrechtsinhaber auch einen Strafantrag stellen, damit die Behörden tätig werden.

Bei anderen Delikten (Diebstahl, Körperverletzung), kann die Staatsanwaltschaft auch „das öffentliche Interesse“ bejahen und damit die Strafverfolgung einleiten, bzw. fortführen. Bieten die Ermittlungen keinen Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage (Anklage), so wird das Verfahren eingestellt (§ 170 IIStPO). In Bayern gebräuchlich ist auch die Formulierung „es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Straftat vorliege“, § 158 StPO. Delikte geringen Unrechts oder Verschuldens können eingestellt werden, §§ 153, 153a StPO, § 31a BtMG (Opportunitätsprinzip).

 

Beschluß durch Richter

 

Maßnahmen hoher Eingriffsintensität in Bezug auf Grundrechte, Haftbefehl, Durchsuchung von Wohnräumen, bedürfen in der Regel eines richterlichen Beschlusses. Besteht durch Zuwarten der Polizei und der Staatsanwaltschaft die Gefahr, dass durch die Verzögerung der Zweck der Maßnahme vereitelt werden würde, kann ausnahmsweise im Wege der Eilkompetenz sofort eingeschritten werden (Gefahr im Verzug).

Nach Sichtung der Beweise (Zeugenaussagen, Urkunden, Augenscheinsobjekten, Vernehmungen, Sachverständigen), entscheidet der Staatsanwalt ob er das Verfahren einstellt, oder eine Anklagschrift verfasst und bei Gericht einreicht. Der Beschuldigte ist rechtlich anzuhören, er muss aber weder bei der Polizei erscheinen, noch eine Aussage machen. Die Selbstbelastungsfreiheit garantiert vielmehr jedem Bürger ein Schweigerecht gegenüber den Behörden. Gleiches gilt für Zeugen, die sich durch eine wahrheitsgemäße Aussage selbst belasten würden (§ 55 StPO), oder gegen einen Angehörigen aussagen müssten (§ 52 StPO).

 

Geheimnisträger

 

Ferner geschützt sind Berufsgeheimnisträger wie Ärzte, Anwälte und Therapeuten, diese dürfen generell nichts aussagen, was ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit anvertraut wurde. Eine Ausnahme gilt für terroristische Mordanschläge u.Ä. sofern diese noch bevorstehen und aus Sicht des Berufsgeheimnisträgers verhinderbar sind. Der Beschuldigte darf sich in jeder Lage des​ ​Verfahrens eines Verteidigers bedienen, der Zeuge darf einen anwaltlichen Beistand konsultieren. Zu Verteidigern gewählt werden dürfen Rechtsanwälte, Hochschulprofessoren und unter bestimmten Umständen Rechtsreferendare und Steuerberater. Die allermeisten Strafverteidiger sind Rechtsanwälte, d.h. sie verfügen über 2 juristische Staatsexamen und wurden in Deutschland von einer Rechtsanwaltskammer zur Anwaltschaft zugelassen.

 

Fachanwalt für Strafrecht

 

Weitere Hürden auf dem Weg zum Verteidiger gibt es nicht. Insbesondere muss der Verteidiger nicht „Fachanwalt für Strafrecht“ sein. Dies kann aber sinnvoll sein, da ein Fachanwalt für Strafrecht besondere theoretische und praktische Kenntnisse auf dem Gebiete des Strafrechts vorweisen muss, die streng geprüft werden. Grundsätzlich wählt der Beschuldigte seinen Verteidiger selbst, er bezahlt ihn auch selbst mit eigenen oder fremden Mitteln. Es ist nicht verboten sich von einem Dritten, beispielsweise den Eltern oder dem Arbeitgeber, den Anwalt bezahlen zu lassen. Mandant ist aber immer allein der Beschuldigte.

Im Falle der notwendigen Verteidigung, (Pflichtverteidigung), legt der Staat 80% der Anwaltskosten eines durchschnittlichen Falles aus, d.h. im Falle der Verurteilung muss der Verurteilte dem Staat grundsätzlich die Pflichtverteidigerentschädigung ersetzen. Der Pflichtverteidiger wird von dem Vorsitzenden Richter bestimmt. Er muss, sofern nicht​ ​besondere Gründe dagegen sprechen, denjenigen Anwalt bestellen, den der Beschuldigte oder​ ​Angeklagte vorschlägt.

Wenn Sie Fragen haben, hinterlassen Sie gern einen Kommentar oder schreiben Sie uns unter info@rechtsanwalt-ponath.de.

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Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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