Niedrige Beweggründung bei Tötung des Intimpartners

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Eine Silhouette einer Hand, die ein Messer auf schwarzem Hintergrund hält, dargestellt von einem erfahrenen Hamburger Strafverteidiger.

Niedrige Beweggründe bei Tötung des Intimpartners

Wenn sich ein Paar nicht einvernehmlich trennt, gibt es immer einen der zutiefst verletzt ist. Manchmal ist dieser Schmerz so groß, dass sich ein regelrechter Hass entwickelt. Aus diesem Hass kann sich ein so starker Rachewunsch entwickelt, dass es zu Straftaten kommt.

1. Der festgestellte Sachverhalt vor dem Landgericht

Am Abend des 23.11.2017 kam es zwischen dem Angeklagten und seiner Ehepartnerin und späteren Opfer zu einer verbalen Auseinandersetzung. Inhalt dieses Streits war der Konsum des Angeklagten von hochprozentigen alkoholischen Getränken, obwohl er der Geschädigten ursprünglich versprochen hatte keinen Alkohol mehr zu trinken und sich eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Die Geschädigte wollte diesen Zustand nicht länger hinnehmen und sich trennen. Sie forderten den Angeklagten auf wieder in seine Heimat nach Kroatien zurückzukehren und dort eine Alkoholentzugstherapie zu machen. Im weiteren Verlauf beschimpfte der in der Vergangenheit schon mehrfach gewalttätig gewordene Angeklagte die Geschädigte als „Hure“ und droht ihr damit „ihr den Schädel zu zertrümmern“ und verlangte von ihr in der Wohnung bleiben zu dürfen.
Am nächsten Morgen bat der Angeklagte die Geschädigte erneut darum, nicht nach Kroatien gehen zu müssen und bei ihr wohnen bleiben zu dürfen. Dies blieb jedoch bei ihrem Entschluss.
Als die Geschädigte das Haus verließ um zur Arbeit zu gehen, steckte sich der Angeklagte ein Küchenmesser in die Tasche und folgte ihr, um einen letzten Versuch zu unternehmen, sie umzustimmen. Falls die Geschädigte seinem Wunsch nicht nachgeben würde, wollte er sie mit dem Messer töten.

Nachdem der Angeklagte seine Ehefrau eingeholt hatte, bat er sie erneut um eine weitere Chance. Die Geschädigt blieb jedoch bei ihrer Entscheidung und setzte ihren Weg weiter fort. Der Angeklagte erkannte, dass sie sich nicht mehr umstimmen lassen würde wollte er den zuvor gesetzten Tatentschluss in die Tat umsetzen. Er zog das mitgebrachte Messer aus seiner Jackentasche, setzte der Geschädigten nach und stach hier mit den Worten „gut, dann werden wir beide zum Grab gehen“ viermal in den Rücken. Dadurch, dass die Geschädigte nicht mit einem Angriff rechnete, konnte sie sich auch nicht dagegen wehren. Sie schrie auf und ging zu Boden. Daraufhin setzte der Angeklagte sich auf sie und stach mehrfach kraftvoll in ihre Brust. Nachdem die Geschädigte reglos liegen blieb, ließ er von ihr ab und warf das Messer in ein nahegelegenes Gebüsch.
Im Anschluss daran wartete er auf die von Zeugen gerufene Polizei.
Die Geschädigte verstarb trotz Rettungsbemühungen zwei Stunden später.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und die Schwere Schuld festgestellt.
Dagegen legte der Angeklagte Revision ein.

2. Entscheidung des BGH

Der BGH geht davon aus, dass der Schuldspruch wegen Mordes sachlicher und rechtlicher Nachprüfung standhält. Bei der Feststellung der Schwere der Schuld greifen jedoch rechtliche Bedenken.
Das Landgericht hat die Schwere der Schuld insbesondere darauf gestützt, dass der Angeklagte bei der Tötung seiner Frau gleich zwei Mordmerkmale aus zwei unterschiedlichen Gruppen des § 211 Abs. 2 StGB verwirklicht hat. Dabei wurde zum einen Heimtücke und zum anderen niedrige Beweggründe bejaht.
Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass niedrige Beweggründe dann vorliegen, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und daher besonders verachtenswert sind und dass Gefühlsregungen wie Zorn, Wut, Enttäuschung oder Verärgerung niedrige Beweggründe sein können, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen. Eine Tötung des Intimpartners, der sich vom Täter trennen oder abwenden will, muss nicht zwangsläufig als durch niedrige Beweggründe motiviert bewertet werden. Gerade der Umstand, dass eine Trennung vom Opfer ausgegangen ist, darf als gegen die Niedrigkeit des Beweggrundes sprechender Umstand beurteilt werden.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der BGH davon ausgegangen, dass es bei der Beurteilung, ob eine Tötung des zur Trennung entschlossenen Intimpartners auf niedrige Beweggründe beruht, weder maßgeblich darauf ankommt, ob der Täter tatsachenfundiert auf den Fortbestand der Verbindung zum Opfer vertrauen durfte, noch, wie der Zustand der Beziehung war, ob sich das Opfer aus nachvollziehbaren Gründen zur Trennung entschlossen hat, oder ob der Täter seinerseits maßgeblich verantwortlich für eine etwaige Zerrüttung der Partnerschaft war. Solche Erwägungen sind zwar für die entscheidende Frage, ob die vorsätzliche und rechtswidrige Tötung eines Menschen jeglichen nachvollziehbaren Grundes entbehrt, nicht ohne jede Bedeutung.
Auch die Gesamtschau der vom Landgericht festgestellten Umstände trägt die Annahme der zu der handlungsleitenden Verärgerung des Angeklagten über das Verhalten der Geschädigten niedriger Beweggründe nicht. Das Landgericht hat seiner Annahme bezüglich der niedrigen Beweggründe im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Angeklagte wegen seines Verhaltens die Zerrüttung der Ehe allein zu verantworten habe, weshalb die Trennungsentscheidung der Geschädigten habe hinnehmen müssen.

3. Schlussbemerkung

Bei diesem Fall handelt es sich um die klassische Beziehungstat. Die Ehefrau ist mit der Beziehung nicht mehr zufrieden und will sich trennen. Aus Frust entscheidet sich der Mann die Frau zu töten und ersticht sie.

Juristisch liegt in diesen Konstellationen fast immer das Mordmerkmal der Heimtücke vor. Ob das Mordmerkmal des niedrigen Beweggrundes vorliegt muss dann aber erneut intensiv geprüft werden. Ein niedriger Beweggrund kann aber auf jeden Fall noch nicht in der Tötungshandlung an sich gesehen werden.

[1] BGH, Beschluss v. 07.05.2019 – 1 StR 150/19, NStZ 2019, 518 (518).
[2] BGH, Beschluss v. 07.05.2019 – 1 StR 150/19, NStZ 2019, 518 (519).
[3] BGH, Beschluss v. 07.05.2019 – 1 StR 150/19, NStZ 2019, 518 (519 Rn. 6).
[4] BGH, Urteil v. 21.02.2018 – 1 StR 351/17, NStZ-RR 2018, 177 (177 Rn. 10).
[5] BGH, Urteil v. 28.11.2018 – 5 StR 379/18, NStZ 2019, 206 (206 Rn. 16).
[6] BGH, Urteil v. 21.02.2018 – 1 StR 351/17, NStZ-RR 2018, 177 (177 Rn. 10).
[7] BGH, Beschluss v. 24.10.2018 – 1 StR 422/18, NStZ 2019, 204 (204 Rn. 20).
[8] Schneider, in: MüKO StGB, § 211, Rn. 105.
[9] BGH, Beschluss v. 07.05.2019 – 1 StR 150/19, NStZ 2019, 518 (519 Rn. 10).

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Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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