Das Kreuzverhör am Beispiel des Falls von Johnny Depp und Amber Heard

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Johnny Depp verkörpert eine fesselnde Mischung aus Kriminologie und Gefahr, trägt seine ikonische Sonnenbrille und schwingt eine Waffe.

Das Kreuzverhör am Beispiel des Falls von Johnny Depp und Amber Heard

Der Prozess von Johnny Depp und Amber Heard ging um die Welt. Nicht nur, weil es sich bei den Beteiligten um bekannte Schauspieler handelt oder die streitgegenständlichen Vorwürfe medienbrisant waren, sondern auch, weil die Anwältin von Johnny Depp herausragende Kreuzverhörtechniken angewandt hat. 

 

Was war passiert?

 

In dem aktuellen Prozess wollte Depp von seiner ehemaligen Ehepartnerin Schadensersatz wegen Verleumdung erwirken. 

Heard hatte in einem Prozess 2016 Depp der häuslichen Gewalt bezichtigt und vor Gericht ein Kontaktverbot gegen ihren damaligen Ehepartner beantragt. 2018 bezeichnete Heard sich dann gegenüber der Washington Post als Opfer häuslicher Gewalt. Sie nannte Depp darin zwar nicht namentlich, es sei aber eine klare Anspielung auf den Vorfall 2016 erkennbar. Beide Schauspieler gaben an, ihre Karriere habe aufgrund des jeweils anderen massiv Schaden genommen.

Die Jury im aktuelle Prozess war weitestgehend auf Depps Seite, sodass Heard wegen Verleumdung zur Zahlung von 10,35 Millionen Dollar Schadensersatz verurteilt wurde, während Depp wegen rufschädigenden Aussagen durch seinen ehemaligen Anwalt an Heard zwei Millionen Dollar zahlen soll.

 

Die Anwältin von Johnny Depp Camille Vasquez

 

Entscheidend für den Prozess war unter anderem auch die Anwältin von Johnny Depp Camille Vasquez

Vasquez ist seit 2010 Anwältin und ist auf Litigation und Arbitration spezialisiert. In der Vergangenheit hat sie bereits Ben Affleck, Leonardo DiCaprio und Jennifer Lopez vor Gericht vertreten.

 

Vasquez verfolgte bei der Vernehmung von Amber Heard eine besondere Strategie:

Die Anwältin knüpfte an jede Aussage, die Heard im Vorhinein über Depp getätigt hatte, eine Frage. Diese Fragen untermauerte sie mit geeigneten Beweismitteln wie alten Sprachnachrichten oder Chatverläufen. Das hatte zur Folge, dass der man erkennen konnte, wie Heard zu bestimmten Themen in der Beziehung stand. Vasquez sorgte dafür, dass Heard sich mit ihren eigenen Worten in Widersprüchen verwickelte, ohne, dass die Anwältin selbst maßgeblich in das Geschehen eingreifen musste. 

Im Übrigen achtete Vasquez darauf, ausschließlich präzise Antworten auf ihre Fragen zu akzeptieren. Die Vernehmung der gegnerischen Anwältin verfolgte sie aufmerksam und rügte eine Vielzahl von Fragen. In den sozialen Medien gibt es deshalb Zusammenschnitte, in denen Vasquez „leading“ und „objection“ in Dauerschleife vorbringt. 

 

Das Kreuzverhör

 

Eine in den USA typische, aber auch in Deutschland zulässige Art der Vernehmung ist das Kreuzverhör. Beim Kreuzverhör findet erst die Befragung durch die Partei statt, die den Zeugen benannt hat und anschließend kann die Gegenseite den Zeugen befragen. 

 

In den USA stellt das Kreuzverhör (englische Bezeichnung „cross examination“) eines der wichtigsten Prozesshandlungen dar. Dabei handelt es sich um ein echtes Gegenverhör und hat zum Ziel durch Konfrontation die Wahrheitsfindung zu erleichtern. Die konfrontative Vernehmung soll nach Rule 611b FRE (Federal Rules of Evidence) der Aufdeckung unzulässiger Zeugenvorbereitung und Erschütterung der Glaubwürdigkeit der gegnerischen Zeugen dienen. Grundsätzlich sind in den USA bei dieser Form der Vernehmung nur Fragen über beweiserhebliche Tatsachen zulässig. Klassische Suggestivfragen (englische Bezeichnung „leading questions“) sind nur der Partei vorbehalten, die den Zeugen nicht benannt hat. Meinungen oder Schlussfolgerungen der Zeugen sind grundsätzlich unzulässig. Werden doch unzulässige Fragen gestellt, besteht die Möglichkeit Einspruch (englische Bezeichnung „objection“) zu erheben. Das Gericht kann dann dem Einspruch entweder stattgeben (englische Bezeichnung „sustained“) oder ablehnen („englische Bezeichnung „overruled“). 

 

Grundsätzlich ist auch in Deutschland ein Kreuzverhör möglich, wird aber in der Praxis relativ selten genutzt. Das deutsche Kreuzverhör richtet sich dann nach den gesetzlichen Regelungen des § 239 Abs. 1 StPO

Nach § 239 Abs. 1 StPO ist die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen der Staatsanwaltschaft und dem Verteidiger auf deren übereinstimmenden Antrag durch den Vorsitzenden zu überlassen. Die Art der Befragung ist demnach eher als ein wechselseitiges Verhör zu qualifizieren. Ist das Kreuzverhör abgeschlossen hat der Vorsitzende Richter die Möglichkeit in der Sache die erforderlichen Fragen zu stellen, um seiner Aufklärungspflicht nachzukommen. Bei dieser Art der Vernehmung hat also nicht der Vorsitzende das primäre Fragerecht, sondern lässt zuerst die anderen Beteiligten Fragen stellen. Das Fragerecht der Beteiligten gem. § 240 Abs. 2 StPO bleibt aber auch im Rahmen des Kreuzverhörs unberührt. 

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Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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