Das Horrorhaus von Höxter

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Ein Spukhaus auf einem Friedhof, das eine gruselige und unheimliche Atmosphäre schafft.

Neben dem Kannibalen von Rothenburg hat auch das Horrorhaus von Höxte traurige Bekanntheit erlangt. Juristisch ist der Fall nicht besonders problematisch. Nichts destotrotz gehört dieser Fall zu den bekanntesten Kriminalfällen in Deutschland. 

 

  1. Der Fall

Die beiden Angeklagten lernten sich Ende 1991 kennen. Zu diesem Zeitpunkt gingen sie eine nähere Beziehung miteinander ein. Die Angeklagte war aber unzufrieden mit der Beziehung, weshalb es in der Folgezeit mehrfach zu Trennungen sowie Versöhnungen zwischen den Angeklagten kam. 

Nachdem die Angeklagten im März 1994 zu dem Entschluss kam, ihr weiteres Leben nicht mit dem Angeklagten verbringen zu wollen, gab er eine Kontaktanzeige auf, auf die sich die Zeugin meldete. Nach mehreren Treffen zwischen dem Angeklagten und der Zeugin wurde die gefühlsmäßige Bindung zwischen beiden immer tiefer. 

Nach einiger Zeit machten sich bei dem Angeklagten Aggressionen bemerkbar. Er verlangte von der Zeugin, dass sie sich von ihm boxen lassen sollte und forderte sie auf mit ihm einen Boxkampf durchzuführen. Im Juli 1994 kam es zur Hochzeit zwischen dem Angeklagten und der Zeugin. Danach wurde der Angeklagte aber immer aggressiver gegenüber der Zeugin. Er schlug sie regelmäßig, biss sie und setzte sie psychisch unter Druck.  

Noch im August suchte der Angeklagte wieder Kontakt zu der Angeklagten und beschloss mit dieser eine dauerhafte Lebensgemeinschaft zu gründen. Die Zeugin musste das Ehebett verlassen und im Wohnzimmer auf der Couch schlafen. Ihren Platz im Ehebett nahm die Angeklagte ein. Im Übrigen wurde die Zeugin gezielt gedemütigt und aufs übelste körperlich verletzt. So musste sie sich mit Handschellen an Heizkörpern in der Wohnung fesseln lassen oder mit Handschellen gefesselt vor den beiden Angeklagten tanzen. Auch wurde sie mehrfach geschlagen und mindestens dreimal in den Kofferraum eines Autos eingesperrt.

1995 wurde die Ehe zwischen der Zeugin und dem Angeklagten geschieden. 

Leider ist es nicht bei der einen misshandelten Frau geblieben. Die beiden Angeklagten lockten auch im weiteren Verlauf immer wieder Frauen in ihr Haus um sie dort körperlich und psychisch zu misshandeln und zu quälen. 

Die genaue Anzahl an Opfern ist unbekannt. Man weiß aber, dass das Ehepaar zwei Frauen zu Tode quälte und viele weitere misshandelte. 

Nach Angaben der Angeklagten zersägten sie die Leichen der Frauen, froren sie ein, zersägten sie oder aber verbrannten sie und verteilten die Asche im Dorf.

Im Oktober 2018 wurden die Angeklagten zu insgesamt 13 Jahren und 11 Jahren Haft verurteilt. Dabei wurde das Paar wegen zweifachen Mordes und Mord durch Unterlassen bestraft. Für den Angeklagten wurde neben der Haft eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik im Maßregelvollzug angeordnet. 

Bei der Angeklagten hatte das Gericht von einer lebenslangen Haft abgesehen, weil diese umfassend ausgesagt und an der Aufklärung mitgewirkt hatte.

 

  1. Psychologische Gutachten

Die Taten, die in diesem Haus stattgefunden haben, sind mit normalem Menschenverstand kaum zu verarbeiten. Es ist also nicht abwegig, dass das Gericht eine psychologische Begutachtung der Täter angeordnet hat. Bei der Angeklagten wurde festgestellt, dass sie Züge von Autismus hatte und ihre Sexualität als Machtinstrument eingesetzt hatte und kein Mitleid für ihre Menschen und Opfer empfinden könnte. Sie sei zudem hochintelligent und extrem herrisch und machtbewusst. Dies wurde auch insbesondere während der Hauptverhandlung deutlich, in dem sie immer wieder versuchte den Prozess nach ihren Regeln laufen zu lassen. 

Bei dem Angeklagten wurde hingegen festgestellt, dass er im juristischen Sinne schwachsinnig und daher vermindert schuldfähig sei. Die Gutachter gingen davon aus, dass seine Weltanschauung vergleichbar mit der eines Grundschülers sei. Er sei ständig auf der Suche nach Frauen für die große Liebe. Er sei sich aber nicht bewusst darüber, was das eigentlich bedeuten würde. Schuld und Verantwortung seien ihm, nach Ansicht der Gutachter, nicht beizubringen. 

Das Gutachten stellt fest, dass beide Angeklagte ein perfektes System entwickelt hätten, um Frauen in ihre Falle zu locken. Erst beide zusammen hätten dieses System ermöglicht und ohne den jeweils anderen wären die Qualen und Misshandlungen in dem Umfang nicht möglich gewesen. Die Angeklagten suchten sich meist Frauen aus, die psychisch labil waren und nur wenig soziale Kontakte hatten. Meldeten sich Frauen auf die inserierte Kontaktanzeige auf die dieses Merkmal nicht zutraf, wurde der Kontakt schnell beendet. Die Opfer, die blieben wurden durch sogenanntes Gaslighting gefügig gemacht. Gaslighting ist eine Form der psychischen Gewalt, bei der das Opfer gezielt desorientiert bzw. manipuliert und zutiefst verunsichert wird und ihr Realitäts- und Selbstbewusstsein allmählich zerstört wird. Die Angeklagten nahmen den Frauen Geld, Handy oder Führerschein ab und kappten jeglichen Kontakt zu den Familien der Opfer.


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[1] LG Paderborn, Urteil v. 05.10.2018 – 1 Ks 53/16, BeckRS 2018, 23936 Rn. 1.
[2] LG Paderborn, Urteil v. 05.10.2018 – 1 Ks 53/16, BeckRS 2018, 23936 Rn. 2.
[3] Spiegel Panorama, in: Horrorhaus von Höxter Angeklagte zu langen Haftstrafen verurteilt, https://www.spiegel.de/panorama/justiz/horrorhaus-von-hoexter-landgericht-paderborn-verhaengt-lange-haftstrafen-a-1231660.html, abgerufen am 17.06.21.
[4] LG Paderborn, Urteil v. 05.10.2018 – 1 Ks 53/16, BeckRS 2018, 23936.
[5] LG Paderborn, Urteil v. 05.10.2018 – 1 Ks 53/16, BeckRS 2018, 23936.
[6] Wikipedia, in: Gaslighting, https://de.wikipedia.org/wiki/Gaslighting, abgerufen am 17.06.21.
[7] LG Paderborn, Urteil v. 05.10.2018 – 1 Ks 53/16, BeckRS 2018, 23936.

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Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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