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Grundsätze im Strafrecht

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Eine Statue einer Frau, die Gerechtigkeit symbolisiert, eine Waage hält und die Grundsätze des Strafrechts verkörpert.

Grundsätze im Strafrecht

In Deutschland laufen Strafverfahren nicht einfach so, wie es dem Richter oder den anderen Beteiligten gefällt, sondern es gibt eine Strafprozessordnung, die genau regelt, wie das Verfahren abläuft. Diese Strafprozessordnung (StPO) und auch das Strafgesetzbuch (StGB) stützen sich auf bestimmte Grundsätze, die nachfolgend erläutert werden sollen. 

 

  1. Das Offizialprinzip

 

Das Offizialprinzip besagt, dass die Strafverfolgung grundsätzlich von Amtswegen zu erfolgen hat. Normiert wird dieser Grundsatz in § 152 StPO. Danach ist die Staatsanwaltschaft zur Erhebung der öffentlichen Klage berufen. 

Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Eine Ausnahme ist dann vorgesehen, wenn es sich um Delikte handelt, die im sogenannten Privatklageverfahren abgehandelt werden können. In diesen Fällen kann der Geschädigte selbst als Ankläger die Straftat verfolgen, ohne dass eine Beihilfe der Staatsanwaltschaft erforderlich wäre. 

 

  1. Das Legalitätsprinzip

 

Da die Staatsanwaltschaft auf der einen Seite zur Erhebung der öffentlichen Klage berufen ist (Offizialprinzip), ist sie auf der anderen Seite auch verpflichtet, bei Vorliegen eines entsprechenden Anfangsverdachts zu ermitteln und gegebenenfalls Anklage zu erheben. Kommen die Strafverfolgungsbehörden dieser Verpflichtung nicht nach, können sie sich gem. § 258a StGB strafbar machen. 

Aber auch das Legalitätsprinzip gilt nicht uneingeschränkt, sondern wird durch das Opportunitätsprinzip, wonach die Staatsanwaltschaft berechtigt ist, das Verfahren einzustellen, durchbrochen. 

 

  1. Das Akkusationsprinzip

 

Nach dem Akkusationsprinzip kann das Gericht von sich aus keine Strafverfolgung durchführen. Die Staatsanwaltschaft ist also verpflichtet zunächst den Sachverhalt umfassend zu ermitteln und sofern hinreichender Tatverdacht besteht, Anklage zu erheben. Das Gericht darf nunmehr über die von der Anklage umfassten Taten befinden.

 

  1. Prinzip des gesetzlichen Richters

 

Die Staatsanwaltschaft muss das Gericht benennen, bei dem die gerichtliche Untersuchung stattzufinden hat. Es muss also schon im Vorhinein feststehen, welcher Richter für die Aburteilung welcher Straftat zuständig ist. Art. 101 GG regelt darüber hinaus, dass Ausnahmegerichte unzulässig sind und Gerichte für besondere Sachgebiete nur durch Gesetze errichtet werden können. 

 

  1. Öffentlichkeitsprinzip

 

Sofern öffentlich Klage erhoben wurde, ergibt sich aus § 169 S. 1 GVG und Art. 6 EMRK, dass die Verhandlung öffentlich sein muss, also grundsätzlich jedermann der mündlichen Verhandlung beiwohnen darf. Sinn dieses Prinzips ist vor allem die Kontrolle des Verfahrens durch die Öffentlichkeit zu gewähren und das Informationsinteresse der Allgemeinheit zu befriedigen. 

Eine Ausnahmemöglichkeit des Öffentlichkeitsgrundsatzes besteht dann, wenn die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens dies gebietet. Die Beschränkung der Öffentlichkeit darf jedoch nicht willkürlich erfolgen. Auch Hauptverhandlungen von Jugendlichen sind nicht öffentlich. Grundsätzlich aber gilt, dass die Öffentlichkeit zum Schutze privater oder öffentlicher Belange ausgeschlossen werden kann. Verboten sind hingegen Rundfunkaufnahmen sowie sonstige Film- und Tonaufnahmen zum Zwecke der Veröffentlichung. Zweck dieses Verbots ist es die Verfahrensbeteiligten zu schützen und eine geordnete Verhandlung gewährleisten zu können. Dieses Verbot beschränkt sich aber ausschließlich auf die Verhandlung selber. Vor und nach der Verhandlung können entsprechende Aufnahmen stattfinden. Seit 2018 ist es im Übrigen möglich Tonaufnahmen in einen separaten Raum, für „Personen, die für Presse, Hörfunk, Fernsehen oder für andere Medien berichten“ zu übertragen. Entsprechende Ausnahme ist im Rahmen der NSU-Prozesse von den Beteiligten genutzt worden. 

Ebenfalls neu eingeführt wurde 2019, dass die Beteiligten ihr Gesicht während der Sitzung weder ganz noch teilweise verhüllen dürfen. Dabei können Ausnahme gemacht werden, wenn und soweit die Kenntlichmachung des Gesichts weder zur Identitätsfeststellung noch zur Beweiswürdigung notwendig ist.

 

  1. Beschleunigungsgebot

 

Aus Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs.3 GG ergibt sich das Gebot des beschleunigten Verfahrens im Strafverfahren. Der Angeklagte muss also innerhalb einer angemessenen Frist vom Gericht angehört werden. 

Das Beschleunigungsgebot ist auch außerhalb der Hauptverhandlung maßgeblich. Beispielsweise bei der Anordnung von Untersuchungshaft führt das dazu, dass möglichst schnell eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden muss. Dauert ein Verfahren überlange, besteht die Möglichkeit dies auf Seiten der Strafzumessung entsprechend zu würdigen. Im Einzelfall besteht sogar die Möglichkeit ganz von Strafe abzusehen. 

 

  1. Grundsatz des rechtlichen Gehörs

 

Mit diesem Grundsatz geht einher, dass dem Angeklagten die Möglichkeit gegeben werden muss, in der Hauptverhandlung gegenüber dem Gericht sich zu den in der Anklageschrift erhobenen Vorwürfen zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen, die das Gericht zur Kenntnis zu nehmen hat. 

 

  1. Unmittelbarkeitsgrundsatz

 

Dieser Grundsatz besagt, dass das Gericht sich im Rahmen der Hauptverhandlung einen unmittelbaren Eindruck vom Tatgeschehen zu machen hat. Was nur dann möglich ist, wenn das Gericht während der gesamten Hauptverhandlung ununterbrochen anwesend ist. Im Übrigen ist von diesem Grundsatz umfasst, dass das Gericht den Beweis heranziehen muss, der am tatnächsten gewesen ist. 

 

  1. In dubio pro reo

 

Der Grundsatz „in dubio pro reo“ und die Unschuldsvermutung besagen, dass das Gericht von seiner Entscheidung überzeugt sein muss und zwar von der Schuld des Angeklagten. Das hat zur Folge, dass das Gericht den Angeklagten freisprechen muss, wenn berechtigte Zweifel an der Schuld des Angeklagten bestehen. Dabei ist zu beachten, dass der Angeklagte solange als unschuldig zu behandeln ist, bis seine Schuld festgestellt wurde und die Entscheidung rechtskräftig geworden ist. 

 


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[1] Justiz NRW, Offizialprinzip, https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/ordentliche_gerichte/Strafgericht/verfahren/verfahrensgrundsaetze/index.php#1, abgerufen am 13.12.2022.
[2] Justiz NRW, Legalitätsprinzip, https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/ordentliche_gerichte/Strafgericht/verfahren/verfahrensgrundsaetze/index.php#1, abgerufen am 13.12.2022.
[3] Juracademy, Verfahrensgrundsätze- und prinzipien im Strafprozess, https://www.juracademy.de/strafprozessrecht/strafprozess-grundsaetze.html, abgerufen am 13.12.2022.
[4] Justiz NRW, Prinzip des gesetzlichen Richters, https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/ordentliche_gerichte/Strafgericht/verfahren/verfahrensgrundsaetze/index.php#1, abgerufen am 13.12.2022.
[5] Justiz NRW, Öffentlichkeitsgrundsatz, https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/ordentliche_gerichte/Strafgericht/verfahren/verfahrensgrundsaetze/index.php#1, abgerufen am 13.12.2022.
[6] Juracademy, Verfahrensgrundsätze- und prinzipien im Strafprozess, https://www.juracademy.de/strafprozessrecht/strafprozess-grundsaetze.html, abgerufen am 13.12.2022.
[7] Juracademy, Verfahrensgrundsätze- und prinzipien im Strafprozess, https://www.juracademy.de/strafprozessrecht/strafprozess-grundsaetze.html, abgerufen am 13.12.2022.
[8] Justiz NRW, Grundsatz des rechtlichen Gehörs, https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/ordentliche_gerichte/Strafgericht/verfahren/verfahrensgrundsaetze/index.php#1, abgerufen am 13.12.2022.
[9] Justiz NRW, Unmittelbarkeitsgrundsatz, https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/ordentliche_gerichte/Strafgericht/verfahren/verfahrensgrundsaetze/index.php#1, abgerufen am 13.12.2022.
[10] Juracademy, Verfahrensgrundsätze- und prinzipien im Strafprozess, https://www.juracademy.de/strafprozessrecht/strafprozess-grundsaetze.html, abgerufen am 13.12.2022.

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Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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