Der Foltermord in der JVA

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Ein Schwarz-Weiß-Foto eines leeren Zimmers mit einem Bett.

Der Foltermord in der JVA

Wer sich schon mal näher mit dem Gedanken befasst hat, wie es so sein könnte, wenn man selbst mal inhaftiert wird, wird sich im Zweifel ebenfalls Gedanken darum gemacht haben, ob und wenn ja welche Straftaten auch innerhalb eines Gefängnisses begangen werden. 

Dass auch innerhalb des Gefängnisses Drogen konsumiert und verkauft werden liegt auf der Hand, genauso wie der Umstand, dass aus Langweile Frust entsteht und es deshalb zu Körperverletzungsdelikten kommen kann. 

In (zum Glück) seltenen Ausnahmefällen kommt es aber auch zu heftigeren Gewaltausbrüchen, in Folge derer ein Mensch auch sein Leben verliert. Ein sehr bekannter, aber auch sehr grausamer Fall soll nachfolgend vorgestellt werden. 

 

Der Sachverhalt

 

Im November 2006 waren die drei Angeklagten Häftlinge in einer Jugendstrafvollzugsanstalt. Zu den drei Angeklagten wurde ein weiterer Jugendlicher, das spätere Opfer, in die Zelle verlegt. 

In den ersten Tagen der Zellengemeinschaft gab es keinerlei Auffälligkeiten zwischen den Insassen. Es kristallisierte sich aber zügig eine Rollenverteilung heraus, bei der das spätere Tatopfer der Außenseiter war. Zu Beginn zog diese Rollenverteilung nur verbale Hänseleien nach sich, sowie die Verpflichtung zu Spülen, obwohl dies eigentlich von allen Insassen gleichmäßig vorgenommen werden sollte. 

Am Tattag, dem 11.11.2006, kamen die Angeklagten auf die Idee Misshandlungen an dem Geschädigten vorzunehmen, wie sie es auch dem Kriegsfilm „Full Metal Jacket“ kannten. Zu diesem Zweck wickelten sie ein Stück Seife in ein Handtuch, so dass ein peitschenartiges Schlaginstrument entstand, an dessen Schlagende die Harte Seife eingewickelt war. Damit schlugen alle drei Angeklagten abwechselnd auf den Geschädigten ein. Die Schläge waren dabei so heftig, dass die Seife in den eingewickelten Handtüchern teilweise zerstört wurde. 

Als nächstes kam einer der Angeklagten auf die Idee, den Geschädigten zum Erbrechen zu bringen. Dafür mischten die Angeklagten ein Gebräu aus Wasser, Salz und Chilipulver und forderten den Geschädigten auf, dies zu trinken. Das Opfer gehorchte aus Angst vor weiteren Schlägen und trank die Flüssigkeit komplett aus. Da dies aber noch nicht zum Erbrechen führte, forderten die Angeklagten ihn auf eine ganze Tube Zahnpasta zu schlucken, dem das Opfer ebenfalls nachkam. Dadurch empfand der Geschädigte starken Brechreiz, weshalb er sich über der WC-Schüssel heftig erbrach. Einer der Angeklagten fing daraufhin mit Hilfe eines Löffels das Erbrochene auf und zwang sein Opfer das Erbrochene zu essen. 

Kurze Zeit später spuckten die Angeklagten auf den WC-Ring der Toilette und zwangen ihr Opfer den Speichel aufzulecken. Einer der Angeklagten ergriff außerdem den Napf, in dem sich die Toilettenbürste befand, urinierte hinein und zwang den Geschädigten dazu aus diesem zu trinken, woraufhin er sich wieder heftig erbrach, was dazu führte, dass die Angeklagten ihm Schläge und Tritte verteilten. 

Im weiteren Verlauf des Abends zwangen die Angeklagten ihr Opfer dazu Oralverkehr bei Ihnen durchzuführen und es kam zu einer Analvergewaltigung mit dem Handfeger, wodurch es bei dem Opfer zu massiven und stark blutenden Verletzungen kam. 

Letztlich entschlossen sich die Angeklagten dazu, den Geschädigten „wegzuhängen“, ihn also durch Erhängen zu töten. Bei den weiteren Gesprächen über dieses Vorhaben wurde verabredet, die Tötung als Selbstmord zu tarnen. Dabei wollten die Angeklagten wegen des Selbstmordes eine Traumatisierung simulieren, um auf diese Weise eine vorzeitige Haftentlassung zu erreichen. Die Angeklagten suchten nunmehr nach Möglichkeiten, eventuell feststellbare Verletzungen ihrer bisherigen Misshandlungen in der Folgezeit erklären zu können. Deshalb forderten sie den Geschädigten auf, ausländische Mitgefangene zu beschimpfen. Damit wollten die Angeklagten erreichen, dass die Mitgefangenen sie auffordern würden, den Geschädigten zu schlagen. Nach mehrmaligen Aufforderungen durch die Mitgefangenen schlugen die Angeklagten den Geschädigten mehrfach mit der Faust ins Gesicht. 

Nach einiger Zeit beschlossen die Angeklagten ihren Tötungsplan in die Tat umzusetzen. Dafür wollten sie das Strangulationswerkzeug über die Tür der Nasszelle legen. Als Strangulationswerkzeug kamen zunächst vier verschiedene Kabel zum Einsatz. Der Geschädigte war zu dem Zeitpunkt wegen der vorangegangenen Misshandlungen so verschüchtert, dass er alle Handlungen über sich ergehen ließ. 

Der erste Versuch den Geschädigten zu töten scheiterte und erst nach mehrfachen Versuchen wurden Bettlaken so geknotet, dass daraus eine Schlinge entstand. Die Schlinge wurde so über den Türrahmen gelegt, dass der Geschädigte auf einen Eimer steigen musste und dieser nach Aufforderung durch einen der Angeklagten umgestoßen wurde. Durch das Abschnüren des Halses wurden die Blutgefäße abgequetscht, sodass das Opfer das Bewusstsein verlor. Nach ca. 90 Sekunden trat der Tod durch Erdrosseln ein. 

 

Entscheidung der Gerichte

 

Das LG Bonn hat die Angeklagten wegen Mordes, gefährlicher Körperverletzung, sowie sexueller Nötigung bzw. besonders schwerer Vergewaltigung verurteilt. 

Dagegen legte die Staatsanwaltschaft erfolgreich Revision ein, weil sie der Ansicht war, dass das Landgericht eine Sicherungsverwahrung hätte anordnen müssen. 

Der BGH ging bereits davon aus, dass die Begründung für die Anwendung von Erwachsenenstrafrecht, aber Reduzierung der Freiheitsstrafe nach § 106 Abs.1 JGG den rechtlichen Überprüfungen nicht standhält. Dafür müsste die Möglichkeit bestehen, dass eine spätere Wiedereingliederung der Täter in die Gesellschaft möglich ist. Dies verneinte der BGH jedoch. 

Im Übrigen ging der BGH davon aus, dass eine Sicherungsverwahrung der Täter geboten sei. 

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Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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