Maßnahmen im Ermittlungsverfahren
Eine wichtige Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist es, einen Sachverhalt so zu ermitteln, dass dem Gericht später in einer möglichen Hauptverhandlung ausreichend Informationen zur Verfügung stehen um den Angeklagten zu verurteilen. Dafür stehen der Staatsanwaltschaft verschiedene Ermittlungsmaßnahmen zur Verfügung.
- Einleitung des Ermittlungsverfahrens
Eingeleitet wird das Ermittlungsverfahren, indem die Staatsanwaltschaft Kenntnis von dem Verdacht eines strafbaren Verhaltens erhält. Das kann durch Strafanzeige oder auf anderem Wege (beispielsweise Medienberichte) sein. Grundsätzlich kann auch jede andere Strafverfolgungsbehörde (insbesondere die Polizei) das Ermittlungsverfahren einleiten. Verdichten sich die Hinweise auf ein strafbares Verhalten und liegt ein sogenannter Anfangsverdacht vor, beginnt die Staatsanwaltschaft zu ermitteln.
- Strafrechtliche Ermittlungsmaßnahmen
Das Gesetz gibt der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen mannigfaltige Handlungsmöglichkeit an die Hand. Sie reichen von Hausdurchsuchungen, über Sicherstellung und Beschlagnahme eines Gegenstands und Rasterfahndung, bis zu Telekommunikationsüberwachung, akustische Überwachung, Online-Durchsuchungen und Durchsicht von Papieren oder anderer Speichermedien. Dass die entsprechenden Möglichkeiten bestehen bedeutet aber nicht, dass jede Maßnahme automatisch erlaubt ist.
- Die Durchsuchung
Die Durchsuchung ist in den §§ 102 ff. StPO geregelt. Die Durchsuchung ist mit erheblichen Grundrechtseingriffen verbunden, weswegen besondere Anforderungen an die Maßnahme zu stellen sind. Es ist dabei von der Durchsuchung beim Verdächtigen (§ 102 StPO) und die bei anderen Personen (§ 103 StPO) zu unterscheiden. Unter einer Durchsuchung versteht man das gezielte Suchen nach Personen, Beweismitteln oder Gegenständen, die als Einziehungs- oder Verfallsobjekte in Betracht kommen. Bei einem Verdächtigen darf eine Durchsuchung sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch zur Beweissicherung, aber nicht zur Ausforschung durchgeführt werden. Bei anderen Personen beschränkt sich das Ziel der Durchsuchung auf die Durchsuchung zur Ergreifung des Beschuldigten, sowie die Durchsuchung zum Auffinden bestimmter Gegenstände und Spuren. Grundsätzlich ist von § 103 StPO nur die Durchsuchung von Räumlichkeiten erfasst. Ob auch eine Personendurchsuchung zulässig ist, ist umstritten.
Die §§ 102 ff. StPO enthalten keine Durchsuchungsverbote, was zur Folge hat, dass auch eine Durchsuchung bei zeugnisverweigerungsberechtigten Personen zulässig ist. Eine Ausnahme besteht bei beschlagnahmefreien Gegenständen im Sinne von § 97 StPO, deren Beschlagnahme unzulässig ist.
- Beschlagnahme
Die Beschlagnahme ist in den §§ 94 ff. StPO geregelt. Bei der Beschlagnahme ist zwischen der Sicherstellung von Beweismitteln nach §§ 94 ff. StPO und der Sicherstellung von Verfalls- und Einziehungsgegenständen gem. § 111b ff. StPO zu unterscheiden.
Grundsätzlich darf nicht jeder Gegenstand beschlagnahmt werden. Von der Beschlagnahme ausgenommen sind Behördenakten oder andere in amtlicher Verwahrung befindliche Schriftstücke (§ 96 StPO), Gegenstände, die sich im Gewahrsam eines Zeugnisverweigerungsberechtigten befinden (§ 97 StPO).
- Körperliche Untersuchung, § 81a StPO
Die körperliche Untersuchung nach § 81a StPO ist von der Durchsuchung nach § 102 StPO abzugrenzen. Eine körperliche Untersuchung liegt vor, wenn im Körper nach Gegenständen gesucht wird, eine Durchsuchung hingegen, wenn am Körper bzw. in zugänglichen natürlichen Körperöffnungen nach Gegenständen gesucht wird.
Hauptanwendungsfall des § 81a StPO ist die Entnahme von Blutproben. Eine körperliche Untersuchung ist nur dann zulässig, wenn ein Anfangsverdacht vorliegt, die körperliche Untersuchung zur Feststellung von Tatsachen, die für das Verfahren von Bedeutung sind durchgeführt wird, kein Nachteil für die Gesundheit des Beschuldigten zu befürchten ist und die Untersuchung von einem Arzt durchgeführt wird. Im Übrigen muss die Maßnahme verhältnismäßig sein.
- Überwachung der Telekommunikation gem. §§ 100a ff. StPO
- 100a StPO gewährt zum einen einen Eingriff in die durch Art. 10 GG geschützte Privatsphäre des Beschuldigten und zum anderen auch in die unbeteiligter Dritter. Bei der Überwachung der Telekommunikation dürfen keine Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt werden und die Anlasstat muss auch im Einzelfall schwer wiegen. Außerdem kommt die Anordnung zur Telefonüberwachung nur in Betracht, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre (§ 100a Abs. 1 1 Nr. 3 StPO). Grundsätzlich richtet sich die Anordnung gegen den Tatverdächtigen, kann aber ausnahmsweise auch gegen Dritte angeordnet werden, wenn der Verdacht besteht, dass diese für den Beschuldigten als Nachrichtenmittler fungieren.
- Online-Durchsuchung
Die Quellen-Telekommunikationsüberwachung soll es ermöglichen, Informationen auch bei verschlüsselter Kommunikation an der Quelle auszulesen. Dazu wird eine Software auf das Gerät des Betroffenen aufgespielt, um die Kommunikation vor bzw. nach der Verschlüsselung im Rahmen der laufenden Kommunikation abzufangen. Bei der Online-Durchsuchung geht es hingegen um die Möglichkeit, auf die Festplatte des Computers eines potenziellen Straftäters mithilfe einer während der Internet-Nutzung installierten Software, eines sog. „Staatstrojaners“, zuzugreifen. Der Vorteil der Online-Durchsuchung ist, dass sie heimlich und über einen gewissen Zeitraum erfolgen kann.