Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote

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Ein Mann untersucht Beweise durch eine Lupe.
Schlüsselwörter: Beweisverwertungsverbote

Sollen im Rahmen des Strafverfahrens Beweise erhoben werden, unterfällt sowohl die Erhebung der Beweise als auch die Verwertung dieser Beweise besonderen Regelungen. Werden die Vorschriften missachtet, dürfen die Beweise im Verfahren nicht gegen den Angeklagten verwendet werden.
Nachfolgend sollen sowohl die bestehenden Beweiserhebungsverbote als auch die Beweisverwertungsverbote besprochen werden.

Beweiserhebungsverbote

Beweiserhebungsverbote untersagen bestimmte Arten der Beweisgewinnung. Beispielsweise ist es gem. § 51 BZRG untersagt, eine getilgte Tat und die Verurteilung dem Betroffenen vorzuhalten bzw. sie zu seinem Nachteil zu verwenden. Gem. § 100d StPO müssen Aufzeichnungen von Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen sind, unverzüglich gelöscht werden.

Es gibt auch Beweismittel, die gar nicht verwendet werden dürfen. Darunter fallen Aussagen von aussageverweigerungsberechtigten Personen, die von ihrem Aussageverweigerungsrecht gem. § 52 StPO Gebrauch gemacht haben. Gem. § 250 S.2 StPO darf eine Vernehmung auch nicht durch die Verlesung des Protokolls ersetzt werden.

Manche Methoden der Beweisgewinnung dürfen ebenfalls nicht angewendet werden. Diese sind in § 136 a I, II StPO als eine Ausprägung der Menschenwürde nach Art. 1 I GG geregelt. Danach ist jede Beeinträchtigung der Freiheit, der Willensentschließung und Willensbetätigung durch Zwang, Täuschung, Drohung oder ähnlichen Mitteln verboten.

Beweisverwertungsverbote

Beweisverwertungsverbote untersagen die Verwertung bestimmter vorhandener Beweise. Dabei wird unterschieden zwischen normierten und nicht normierten Beweisverwertungsverboten. Zwischen den nicht normierten Beweisverwertungsverboten wird nochmals zwischen selbstständigen und unselbstständigen Beweisverwertungsverboten unterschieden.

Bei selbstständigen Beweisverwertungsverboten ist die eigentliche Beweiserhebung rechtmäßig. Ein unselbstständiges Beweisverwertungsverbot kann hingegen immer nur durch rechtswidrige Beweiserhebung entstehen. Bei den gesetzlich normierten Beweisverwertungsverboten ist schon aus dem Wortlaut des Gesetzes heraus eine Verwertung der Beweise ausgeschlossen. Meist findet sich in diesen Fällen der Wortlaut „darf nicht verwertet werden“ oder „darf nicht verwendet werden“.Es gibt allerdings auch eine Reihe an ungeschriebenen Beweisverwertungsverboten.

Bei den gesetzlich nicht normierten selbstständigen Beweisverwertungsverboten sind die Beweise rechtmäßig erhoben worden, es kann aber je nach Intensität des Eingriffs aus dem Grundgesetz ein Beweisverwertungsverbot ergeben. Ein entsprechendes Verwertungsverbot ist anzunehmen, wenn gezielt gegen das Schweigerecht nach § 136 StPO des Beschuldigten verstoßen wird.

Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein verdeckter Ermittler gem. § 110a II StPO auf einen Beschuldigten gezielt angesetzt wird und dieser gegenüber Aussagen tätigt, obwohl dieser sich im Vorfeld gegenüber den Ermittlungsbehörden entschieden hatte, zu seinem Tatvorwurf zu schweigen. Ebenso besteht ein Beweisverwertungsverbot, wenn zu einem Häftling gezielt ein verdeckter Ermittler als Mithäftling eingeschleust wird. Belastet sich der Häftling diesem gegenüber selbst, kann dies nicht verwertet werden, da in dieser Ausnahmesituation zum einzigen Ansprechpartner ein besonderes Näheverhältnis aufgebaut wird und eine Rückzugsmöglichkeit für den Häftling nicht gegeben ist. Grundsätzlich ist rechtlich der Einsatz von verdeckten Ermittlern aber gem. § 161 I 1 StPO zulässig.

Für Fälle in denen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird, hat das Bundesverfassungsgericht die 3-Spähren-Theorie entwickelt. Die sogenannte Sozialsphäre genießt keinen besonderen Schutz, bei Eingriffen in die Privatsphäre findet eine Abwägung zwischen dem Grundrecht und dem staatlichen Strafverfolgungsinteresse statt. Erfolgt die Beweisgewinnung hingegen in der Intimsphäre, der als unantastbarer Kernbereich privater Lebensführung gilt, darf dieser Bereich nicht verwertet werden. Ein Eingriff in die Intimsphäre liegt beispielsweise bei heimlichen Tonbandaufnahmen vor. Ausnahmen zu sogenannten „Lauschangriffen“ sind abschließend in § 100d StPO geregelt. Ein sogenannter „kleiner Lauschangriff“ außerhalb der Wohnung ist gem. § 100f StPO grundsätzlich verwertbar.

Den gesetzlich nicht normierten unselbstständigen Beweisverwertungsverboten liegt dem gegenüber ein Verstoß der Beweiserhebung zugrunde. Diese ist rechtswidrig. Allerdings kennt die StPO keinen Grundsatz, wonach jeder Verstoß gegen ein Beweiserhebungsverbot auch zwingend zu einem Beweisverwertungsverbot führen muss. Grundsätzlich ist im Einzelfall eine Abwägung des staatlichen Strafverfolgungsinteresses und den Rechten des Beschuldigten vorzunehmen. Dabei ist die Schwere der Straftat und die Schwere des Grundrechtseingriffs auf Seiten des Beschuldigten maßgeblich.

Willigt der Beschuldigte einer Blutprobenentnahme gem. § 81a I 2 StPO nicht ein, unterliegt diese dem Richtervorbehalt (ein Richter muss eine entsprechende Blutprobenentnahme also anordnen). Liegt Gefahr in Verzug vor darf auch die Staatsanwaltschaft oder einer ihrer Ermittlungspersonen die Entnahme der Blutprobe anordnen. Ist Gefahr in Verzug nicht anzunehmen und wird trotzdem kein Richter kontaktiert, liegt ein Beweisverwertungsverbot vor. Eine Ausnahme davon gilt im Bereich des Verkehrsstrafrecht, in dem mittlerweile kein Richtervorbehalt mehr vorgeschrieben ist.

Fernwirkung und Fortwirkung von Beweisverwertungsverboten

Unter Fernwirkung versteht man grundsätzlich, dass alle mittelbaren Beweismittel, also solche, die aufgrund eines unzulässigen Beweismittels gefunden wurden, selbst unverwertbar werden. Im Anglo-amerikanischen Raum ist die Fernwirkung unter dem Namen „Fruit of the poisonous tree doctrine“ bekannt und anerkannt. Danach sind alle Früchte, die vom Baum des verbotenen Beweismittels geerntet werden, ebenfalls vergiftet.

Die Fernwirkung geht sehr weit und schränkt dadurch aber auch die Aufklärung von Straftaten extrem ein. In Deutschland gibt es die Fernwirkung nicht, da sie die Rechtsstaatlichkeit und die Aufklärung von Straftaten zu sehr einschränkt.
Die Fortwirkung von Beweisverwertungsverboten ist dagegen nur bei wiederholten Aussagen des Beschuldigten denkbar, bei denen die erste Aussage aufgrund von §136a StPO unverwertbar ist.

Die Aussage ist insoweit unverwertbar, als es sich bei der zweiten Aussage um eine bloße Wiederholung der ersten (fehlerhaften) Aussage handelt. Die Unverwertbarkeit der ersten Aussage, die aufgrund einer Drohung oder von Gewalt erfolgte, wirkt dabei fort, bis der Beschuldigte eine „qualifizierte Belehrung“ erhalten hat.

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Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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