Von der Vorratsdatenspeicherung und ihrer Kontroverse hat vermutlich jeder schon mal gehört. Der Begriff schwirrt nicht nur regelmäßig durch den Bundestag bei der Frage wie ein Gesetz dazu ausgestaltet werden soll, sondern wird auch in den Medien regelmäßig heftig diskutiert. Nunmehr ist es wieder soweit und die Bundesregierung hat einen neuen Gesetzesentwurf für eine mögliche Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung in den Bundestag eingebracht.
Aber was bedeutet Vorratsdatenspeicherung eigentlich? Was sind die Beweggründe für Vorratsdatenspeicherung und was ist das Problem mit dieser Datenerhebung?
Die sogenannte Vorratsdatenspeicherung verpflichtet Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikations- und Internetdiensten, Verkehrsdaten (d.h. Informationen, die dokumentieren, wer mit wem, wann und wie lange telefoniert hat) über einen gesetzlich vorgegebenen Zeitraum auf Vorrat zu speichern und diese – im Bedarfsfall – Strafverfolgungsbehörden, Nachrichtendiensten oder mit Aufgaben der Gefahrenabwehr betrauten Behörden zur Verfügung zu stellen.
Die Vorratsdatenspeicherung war Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in wegweisenden Entscheidungen klare Leitlinien und Grenzen aufgezeigt. Nachdem das deutsche Umsetzungsgesetz der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung bereits 2010 vom Bundesverfassungsgericht für ungültig erklärt wurde, erklärte 2014 auch der EuGH die EU-Richtlinie von 2006 für nichtig. Er stellte zudem 2016 klar, dass ein nationales Gesetz, das die umfassende anlasslose Vorratsspeicherung sämtlicher Verkehrs- und Standortdaten aller Teilnehmer und registrierten Nutzer in Bezug auf alle elektronischen Kommunikationsmittel vorsieht, nicht mit den Vorgaben der Artikel 7,8 und 11 der EU-Grundrechtecharta vereinbar ist. Derartige Regelungen stünden den Grundrechten auf Achtung des Privatlebens und der Kommunikation sowie auf Schutz personenbezogener Daten und auf Freiheit der Meinungsäußerung sowie auf Informationsfreiheit entgegen.
Mit Urteil vom 20. September 2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) es nochmals in aller Deutlichkeit klargestellt: Die im deutschen Recht vorgesehene anlasslose Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten ist mit dem europäischen Recht nicht vereinbar. Die BfDI begrüßt diese Entscheidung, denn die allgemeine und unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung stellt einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte dar. Es ist richtig, dass Daten von Bürgern nicht generell, sondern nur gezielt oder zum Schutz besonders herausragender Schutzgüter – wie der nationalen Sicherheit – gespeichert werden sollten.
Grundsätzlich herrscht Uneinigkeit zwischen Kritikern und Befürwortern der Vorratsdatenspeicherung im Hinblick auf den Datenschutz. Befürworter sehen in der Vorratsdatenspeicherung vor allem die Möglichkeit die öffentliche Sicherheit und Ordnung konsequenter zu schützen und sind der Meinung, die Bedeutung des Datenschutzes sei zu hochgehalten. Kritiker hingegen sind der Ansicht, es könne nicht grundlos Daten gespeichert werden nur für den Fall, dass man diese Daten in der Zukunft irgendwann brauchen könnte. Ein entsprechendes Handeln sei vom Datenschutz nicht erfasst.
Nunmehr sollen Ermittler die Möglichkeit bekommen, mit einem Quick-Freeze-Verfahren statt anlassloser Vorratsdatenspeicherung zu arbeiten. Nach dem Entwurf soll ein neuer Absatz in den Paragrafen 100g der Strafprozessordnung (StPO) aufgenommen werden. Liegt der Verdacht für bestimmte schwere Straftaten vor, kann grundsätzlich erst nach Richterbeschluss die Sicherung noch vorhandener bzw. künftig anfallender Verkehrsdaten angeordnet werden. Die erste Anordnung kann auch noch ohne Bezeichnung einer konkreten Person geschehen und sich etwa auf Verbindungsdaten an einem bestimmten Tatort und seine Umgebung beziehen. Die so ins Visier genommenen Daten werden „eingefroren“. Ab dann haben Strafverfolgungsbehörden einen Monat Zeit, etwa um weitere Erkenntnisse zu sammeln und einen weiteren Richterbeschluss zu erwirken, damit sie die eingefrorenen Daten zur Auswertung erhalten. Die Monatsfrist kann noch zweimal um jeweils einen Monat verlängert werden.
Schwere Straftaten wären im Sinne des § 100 a Abs. 2 StPO etwa Raub oder Erpressung, Bandendiebstahl oder bestimmte Formen der Geldwäsche, aber auch Mord und Totschlag sowie sexueller Kindesmissbrauch und die Verbreitung, der Erwerb und der Besitz von Kinderpornografie.