Polizeikosten bei Fußballspielen
Diese Woche behalt dieser Aufsatz kein strafrechtliches Thema im eigentlichen Sinne. Trotzdem besteht ein strafrechtlicher Bezug, da dieses umstrittene Thema gar nicht aufgekommen wäre, wenn in dieser Situation keine Straftaten begangen würden.
Die Rede ist von Polizeieinsätzen bei Hochrisikofußballspielen. Dass diese Einsätze notwendig sind, steht vermutlich außer Frage. Allerdings war über viele Jahre umstritten, wer für die erhöhten Kosten aufzukommen hat. Grundsätzlich werden die Kosten für die Polizei von der Stadt getragen. Bremen hat bei einem der letzten Hochrisikospiele die Polizeikosten jedoch die DFL auferlegt.
Dagegen hat sich die DFL gewehrt, sodass das Bundesverfassungsgericht nunmehr entscheiden musste.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Staat den Veranstalter an den Polizeikosten beteiligen darf.
Bremen hatte Ende 2014 sein Gebühren- und Beitragsgesetz verschärft und vorgesehen, dass bei gewinnorientierten Veranstaltungen mit mehr als 5.000 Teilnehmern und erfahrungsgemäß unfriedlichem Verlauf die polizeilichen Mehrkosten dem Veranstalter in Rechnung gestellt werden können. Das Bremer Gesetz ist so offen formuliert, dass es auch für einen Stadt-Marathon oder ein Rock-Konzert gelten könnte. Bislang findet dieses Gesetz aber nur bei Bremer Fußballspielen Anwendung. Erster Anwendungsfall war ein Heimspiel von Werder Bremen gegen den Hamburger SV im April 2015. Das Spiel wurde von der Polizei wegen der verfeindeten Fans als Hochrisikospiel eingestuft. Deshalb waren 969 Beamte im Einsatz statt wie üblich rund 150. Über 600 von ihnen kamen dabei aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei. Die anderen Bundesländer und der Bund stellten Bremen – wie üblich – ihren Mehraufwand für diesen Einsatz in Rechnung: Fahrtkosten, Verpflegung, Überstundenausgleich. Zudem musste Bremen für die Unterbringung der auswärtigen Polizisten aufkommen, je zwei Nächte im Zwei-Sterne-Hotel. Das Land Bremen stellte der DFL deshalb per Gebührenbescheid rund 425.000 Euro in Rechnung und korrigierte den Betrag nach der BVerwG-Entscheidung um ca. 40.000 Euro nach unten.
Deshalb hatte die DFL als Veranstalterin von Bundesligaspielen 2015 einen Gebührenbescheid in Höhe von 400.000 Euro erhalten. Dieser Gebührenbescheid wurde nunmehr vom Bundesverfassungsgericht als verfassungskonform erklärt. Das Grundgesetz enthalte keinen Grundsatz, nach dem polizeiliche Sicherheitsvorsorge durchgängig kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Für die Verhältnismäßigkeit der Bremer Regel sei entscheidend, dass die DFL eine hinreichende Sachnähe zum polizeilichen Einsatz aufweise. Wer wie die DFL aus öffentlichen Leistungen einen Vorteil ziehe, könne angemessen an den Kosten beteiligt werden. Dem stehe nicht entgegen, dass sich die DFL rechtmäßig verhalte und die Gefahr von störenden Dritten ausgehe.
Grundsätzlich sieht das Bundesverfassungsgericht in der Bremer Regelung zwar einen Eingriff in die Berufsausübung der DFL, allerdings sei die Kostenbeteiligung verhältnismäßig, weil sie ein legitimes Ziel verfolge und angemessen sei. Die Gefahrenabwehr gehöre grundsätzlich zu den Kernaufgaben des Staates, es könne aber angemessen sein, auch den wirtschaftlichen Nutznießer der Großveranstaltungen am Kostenaufwand zu beteiligen, so die Karlsruher Richter.
Die „öffentliche Leistung“, die die DFL in Anspruch nehme, besteht in dieser Betrachtung in dem besonders aufwendigen Polizeieinsatz, der die Sicherheit der Fangruppen und der Öffentlichkeit gewährleisten soll. Zwischen dieser Leistung und der DFL als in Anspruch genommener Gebührenschuldnerin bestehe „ein hinreichendes Näheverhältnis“.
Diese Zurechnung ergebe sich vor allem aus dem Veranlasserprinzip. Dieser polizeirechtliche Grundsatz besagt, dass nicht nur der unmittelbare Störer in Anspruch genommen werden kann, sondern auch die Person, die den Anlass für Störungen schafft. Im Polizeirecht gelten dafür aber bestimmte einschränkende Voraussetzungen, die die Bremer Kostenregelung nicht abbildet. Das sei aber in Ordnung, so das BVerfG. „Die individuelle Zurechnung setzt auch nicht die polizeiliche Verantwortlichkeit der Veranstalterinnen und Veranstalter voraus. Das Grundgesetz kennt keinen entsprechenden Grundsatz.“ Dass gegebenenfalls rechtswidrige Handlungen Dritter, vor allem gewalttätiger Fans, dazwischentreten, unterbreche diese Zurechnung nicht.
Schließlich hielt der Erste Senat fest, dass die Bremer Regelung auch hinreichend bestimmt sei und den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachte. „Der Aufwand soll dorthin verlagert werden, wo die Gewinne hinfließen und wo sie typischerweise auch vorhanden sind“, heißt es in der Mitteilung. Der Vorteil, den Veranstalter aus einem Profifußballspiel ziehen, sei im Vergleich zu nicht kommerziellen Großveranstaltungen so groß, dass dies die Kostenbeteiligung rechtfertige. Auch der Grenzwert von 5.000 zu erwartenden Teilnehmenden sei angemessen. Er verfolge das Ziel, dem zu erwartenden Polizeiaufwand Rechnung zu tragen.