Welche Beweise dürfen im Prozess gegen den Angeklagten verwendet werden

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Ein Fingerabdruckbild mit roten Quadraten, das als entscheidendes Beweismittel in einem Gerichtsverfahren dient.

Während einer Hauptverhandlung ist das Gericht verpflichtet die Wahrheit herauszufinden. Da der Richter zum Tatzeitpunkt nie selbst anwesend war, ist er auf Beweise angewiesen. Manchmal sind diese Beweise geeignet um den Angeklagten zu entlasten, manchmal sorgen sie aber auch dafür, dass der Angeklagte überführt wird. Welche Beweise wann und wie in die Verhandlung eingeführt werden dürfen, unterliegt strengen Regelungen. Auch wie diese Beweise erlangt werden dürfen ist gesetzlich streng geregelt. 

I. Wie können Beweise erlangt werden und wie werden sie in die Hauptverhandlung eingebracht?

Grundsätzlich sieht die StPO verschiedenste Möglichkeiten zur Beweiserhebung vor. 

Unterschieden wird zwischen Personen- und Sachbeweisen. Klassische Personenbeweise sind Zeugenaussagen oder Geständnisse des Täters. Zu den Sachbeweisen gehören Gegenstände oder Spuren einer Straftat wie Fingerabdrücke. 

Bei der Erlangung der Beweise wird zwischen Strengbeweis und Freibeweis unterschieden. Während im Rahmen der Hauptverhandlung ausschließlich das Strengbeweisverfahren anzuwenden ist, ist die Beweiserhebung außerhalb der Hauptverhandlung im Freibeweisverfahren durchzuführen. 

Grundsätzlich beginnt die Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen und fängt an Beweise zu sammeln. Welche Beweise letztlich in der Hauptverhandlung in Erscheinung treten, entscheidet der zuständige Richter. 

Entscheidet sich die Staatsanwaltschaft, der Angeklagte oder sein Verteidiger dazu zusätzlich Beweise erheben zu wollen besteht jeweils die Möglichkeit einen Beweisantrag zu stellen. Das Recht, Beweisanträge zu stellen, folgt aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 I GG. Der Antragssteller muss eine bestimmte Beweistatsache als gegeben und nicht nur als möglich oder wahrscheinlich bezeichnen. Beweistatsachen sind konkrete Geschehnisse, Umstände und Zustände der äußeren Welt, innerpsychische Vorgänge und Gegebenheiten und das Bestehen oder Nichtbestehen von Zusammenhängen.

Grundsätzlich muss das Beweismittel konkret angegeben werden. Ein Zeuge ist also im Beweisantrag mit vollem Namen und genauer Anschrift anzuführen; zumindest ist anzugeben, auf welchem Weg der Zeuge erreicht werden kann.

Es handelt sich nur um einen Beweisermittlungsantrag, wenn erst Nachforschungen angestellt werden müssen, die nicht sogleich auf dem vom Antragsteller angegeben Weg zum Ziel führen.

II. Beweisverwertungsverbote

Beweisverwertungsverbote sind in der ganzen StPO verstreut. Diese Verbote sollen verhindern, dass rechtwidrig erhaltene Beweise in die Hauptverhandlung eingebracht werden können. So soll die Schwelle erhöht werden, Beweise rechtswidrig zu erheben. Ein Beweisverwertungsverbot wird beispielsweise durch einen Verstoß gegen den in § 81 a II StPO begründeten Richtervorbehalt für die Anordnung von Maßnahmen nach Abs. 1 regelmäßig nicht begründet. Dies gilt sowohl für eine von einem unzuständigen Richter getroffene Anordnung wie bei Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Auch die unzutreffende Annahme von Gefahr in Verzug durch die Staatsanwaltschaft oder eine ihrer Ermittlungspersonen bei der Anordnung der Entnahme einer Blutprobe führt im Regelfall zu keinem Beweisverwertungsverbot. Unter Missachtung des Richtervorbehalts erlangte Beweise haben grundsätzlich nicht ihre Unverwertbarkeit zur Folge. Dies ist nur dann der Fall, wenn die zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahme führenden Verfahrensverstöße schwerwiegend sind oder bewusst oder willkürlich begangen wurden.

Auch § 252 StPO statuiert nach seinem Wortlaut zunächst ein Verlesungsverbot. Die Aussagen des Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, dürfen also nicht durch Verlesung des Vernehmungsprotokolls ins Verfahren eingeführt werden. Früher ging man davon aus, dass § 252 StPO ein bloßes Vernehmungsverbot war. Heute besteht hingegen Einigkeit darüber, dass es sich um ein selbstständiges Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbots handelt.

Auch verbotene Vernehmungsmethoden begründen ein Beweisverwertungsverbot. § 136 a StPO stellt die prozessrechtliche Ausformung des Leitgedankens der Rechtsstaatlichkeit dar, unter dem nach Art. 20 III GG das gesamte Strafrecht steht. Die Achtung vor der Menschenwürde verbietet es, ihn unter Verletzung seines verfassungsrechtlich geschützten sozialen Wert- und Achtungsanspruch zum bloßen Objekt der Verbrechensbekämpfung zu machen. Der Beschuldigte soll als eine Persönlichkeit, die über sich selbst verfügen und ihr Schicksal eigenverantwortlich gestalten kann, auch im Strafverfahren Herr seiner Entschlüsse sein. 

In § 136 a StPO sind beispielhaft verbotene Vernehmungsmethoden genannt, darunter auch das Verbot der Folter. Das Folterverbot ist absolut und lässt keine Ausnahme, keinen Rechtfertigungsgrund und keine Interessenabwägung zu. Davon kann auch dann keine Ausnahme im Falle eines staatlichen Notstandes gemacht werden. Gefestigt wurde dieser Grundsatz durch die Entscheidung bei der ein Polizist einem Beschuldigten Folter androhte um den Aufenthaltsort seines Opfers herauszufinden.

Nach § 136 a III 2 StPO dürfen Aussagen, die unter verbotenen Vernehmungsmethoden zustande gekommen sind, nicht verwertet werden, und zwar grundsätzlich nicht auch dann nicht, wenn sie zugunsten des Angeklagten wirken.

 

[1] BVerfG, Beschluss v. 23.11.1977 – 1 BvR 481/77, NJW 1978, 413 (414).
[2] Krehl, in: Karlsruher Kommentar StPO, § 244, Rn. 69.
[3] BayObLG, Beschluss v. 30.07.2002 – 1 StR RR 71/2002, NStZ 2003, 105 (105).
[4] Krehl, in: Karlsruher Kommentar StPO, § 244, Rn. 79.
[5] BGH, Urteil v. 08.12.1993 – 3 StR 446/93, NStZ 1994, 247 (248).
[6] BGH, Beschluss v. 17.03.1971 – 3 StR 189/70, NJW 1971, 1097 (1098).
[7] Hadamitzky, in: Karlsruher Kommentar StPO, § 81 a, Rn. 13.
[8] BGH, Beschluss v. 25.04.2007 – 1 StR 135/07, NStZ-RR 2007, 242 (243).
[9] BGH, Beschluss v. 20.05.2015 – 4 StR 555/14, NStZ 2016, 111 (113).
[10] Ellbogen, in: MüKO StPO, § 252, Rn. 41.
[11] Ellbogen, in: MüKO StPO, § 252, Rn. 42.
[12] BGH, Urteil v. 21.07.1998 – 5 StR 302- 97, NJW 1998, 3506 (3507).
[13] BVerfG, Beschluss v. 14.12.2004 – 2 BvR 1249/04, NJW 2005, 656 (657).
[14] Diemer, in: Karlsruher Kommentar StPO, § 136 a, Rn. 1.
[15] Diemer, in: Karlsruher Kommentar StPO, § 136 a, Rn. 1.
[16] Diemer, in: Karlsruher Kommentar StPO, § 136 a, Rn. 38.

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Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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