Damit eine strafrechtliche Entscheidung ordnungsgemäß gefällt werden kann, muss das zuständige Gericht gehandelt haben. Dabei ist die Zuständigkeit in die sachliche Zuständigkeit (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht oder Bundesgerichtshof) und die örtliche Zuständigkeit unterteilt. Im Rahmen der sachlichen Zuständigkeit wird dann erneut zwischen den einzelnen Spruchkörpern unterschieden.
Sachliche Zuständigkeiten
Am Amtsgericht kann der Strafrichter zuständig sein, oder das Schöffengericht. Beim Schöffengericht sitzen neben dem Berufsrichter noch zwei weitere Laienrichter, die sogenannten Schöffen.
Gem. § 24 I GVG ist grundsätzlich das Amtsgericht zuständig, wenn nicht eine der dort genannten Ausnahmefälle vorliegt.
Danach ist das Amtsgericht unzuständig, wenn die Zuständigkeit des Landgerichts gem. §§ 74 II, 74a GVG oder des Oberlandesgerichts gem. §§ 120, 120b GVG begründet ist.
Das Oberlandesgericht ist erstinstanzlich nur bei Staatsschutzdelikten oder Straftaten nach dem VStGB sowie für Anklagen wegen Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern zuständig. Für die in § 120 II GVG genannten Straftatbestände ist das OLG nur zuständig, wenn der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernimmt. Ein berühmtes Beispiel für diesen Fall war die Verfolgung der NSU-Taten.
Das Landgericht ist gem. § 74 II GVG zuständig, wenn eines der Katalogtaten angeklagt ist. Dann ist eine Strafkammer, die sogenannte Schwurkammer zuständig. Auch wenn man das meinen könnte, gehören zu diesen Katalogtaten nicht nur Mord und Totschlag, sondern auch eine Vielzahl von weiteren Delikten, die durch ihre Erfolgsqualifikation zum Tod geführt haben. Für den Versuch oder die Beteiligung an einer Katalogtat ist das Schwurgericht ebenso zuständig wie für alle weiteren Straftaten, die gemeinsam mit dieser angeklagt werden.
Liegt keiner der in § 24 I 1 Nr. 1 GVG genannten Fälle vor, muss geprüft werden, ob ein Fall von § 24 I 1 Nr. 3 GVG vorliegt.
Das ist dann der Fall, wenn die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falls Anklage beim Landgericht erhoben hat. Eine besondere Schutzbedürftigkeit des Verletzten liegt insbesondere dann vor, wenn zu erwarten ist, dass die Vernehmung für ihn mit einer besonderen Belastung verbunden sein wird, und deshalb eine Wiederholung vermieden werden sollte. Die „Gefahr“ mehrfacher Vernehmungen besteht bei der Anklageerhebung zum AG, weil gegen dessen Entscheidung gem. § 312 StPO die Berufung statthaft ist, die zu einer Wiederholung der Beweisaufnahme führen kann. Hiermit soll insbesondere den mit einer Zeugenaussage einhergehenden psychischen Belastungen von kindlichen Zeugen oder von Opfern von Sexualstraftaten Rechnung getragen werden. Die besondere Bedeutung des Falls kann sich etwa aus dem Ausmaß der Rechtsverletzungen oder der herausragenden Stellung des Beschuldigten oder des Verletzten im öffentlichen Leben ergeben.
Der absolute Standardfall ist aber eher, dass die Voraussetzungen des § 24 I 1 Nr. 2 GVG erfüllt sind. Danach ist das Amtsgericht nicht zuständig, wenn eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder Sicherungsverwahrung zu erwarten ist. In diesen Fällen ist das Landgericht gem. § 74 I GVG zuständig. Zum Zeitpunkt der Anklageerhebung steht natürlich noch nicht fest, wie hoch die Strafe am Ende wirklich sein wird, weshalb die Staatsanwaltschaft bei der Überlegung der Zuständigkeit eine Prognose treffen muss. Führt die Rechtsfolgenprognose zur Zuständigkeit des AG, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob Anklage zum Strafrichter oder zum Schöffengericht zu erheben ist. Nach § 25 GVG entscheidet der Strafrichter bei Vergehen, wenn sie im Wege der Privatklage verfolgt werden oder wenn eine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von zwei Jahren nicht zu erwarten ist. Soweit der Strafrichter nicht zuständig ist – also bei Verbrechen sowie bei Vergehen, die nicht unter § 25 GVG fallen –, entscheidet gem. § 28 GVG das Schöffengericht.
Die örtliche Zuständigkeit
Primärer örtlicher Gerichtsstand ist der Ort, an dem die Tat begangen wurde, § 7 StPO. An welchem Ort die Tat letztlich begangen wurde bestimmt § 9 StPO. Eine Handlung im Sinne der Norm kann auch eine Vorbereitungshandlung sein, sofern bereits die Vorbereitungshandlung selbstständig mit einer Strafsanktion bedroht ist. Eine Straftat ist aber auch an dem Ort begangen, an dem der strafrechtliche Erfolg eingetreten ist oder nach Vorstellung des Täters eintreten sollte.
Gem. § 8 StPO kann der Gerichtsstand auch an dem Ort begründet sein, in dessen Bezirk der Angeschuldigte zum Zeitpunkt der Erhebung der Anklage seinen Wohnsitz hat. Wenn ein Wohnsitz nicht besteht, kann sich die örtliche Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Angeschuldigten richten.
Auch kann das Gericht gem. § 9 StPO zuständig sein, an dem der Angeschuldigte aufgegriffen wurde. Die Ergreifung des Angeschuldigten im Hinblick auf eine Straftat hat auch zur Folge, dass das Gericht in diesem Bezirk auch für weitere begangene Straftaten zuständig ist, die mitangeklagt werden sollen. Ergreifung ist dabei die zulässige Festnahme des Beschuldigten durch einen hierzu berufenen Beamten oder durch „jedermann“ zum Zwecke der Strafverfolgung. Zwischen den einzelnen Orten hat die Staatsanwaltschaft ein Wahlrecht und es bestehen keine besonderen Überordnungsverhältnisse.
[1] Gräbener, in: die sachliche Zuständigkeit der Strafgerichte, JA 2024, 153 (154).
[2] Gräbener, in: die sachliche Zuständigkeit der Strafgerichte, JA 2024, 153 (154).
[3] BGH, Beschluß vom 19-06-1986 – 4 StR 622/85, NJW 1987, 1152 (1153).
[4] Geilhorn, in: Karlsruher Kommentar StPO, § 7, Rn. 1.
[5] Geilhorn, in: Karlsruher Kommentar StPO, § 9, Rn. 2.