Wie kommt es zur Anklage?

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Eine schwarze Computertastatur und -maus auf einem weißen Schreibtisch, ein Stift liegt auf gedruckten Dokumenten vor einem Monitor, auf dem ein geöffnetes Dokument mit dem Titel „Anstiftung zum Mord“ zu sehen ist. Im Hintergrund ist ein Stapel Papiere zu sehen, wodurch das insgesamt schwarz-weiße Thema beibehalten wird.

Wer schon mal eine Gerichtssendung im Fernsehen gesehen hat weiß, dass zu Beginn des Prozesses immer eine Anklage eines Vertreters der Staatsanwaltschaft verlesen wird. Wie genau diese Anklageschrift zustande gekommen ist, ist den meisten vermutlich aber nicht bewusst. 

 

Was ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer Anklage?

Natürlich muss zunächst eine Straftat begangen worden sein. Handelt es sich bei der Straftat um Mord oder Totschlag ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Polizei oder Passanten eine Leiche finden und dies entsprechend der Polizei gemeldet wird. In diesen Fällen wird, sofern Hinweise auf eine Straftat anhand der Leiche vorliegen, eine Ermittlung eingeleitet. Diese Ermittlung erfolgt aber nicht durch Anweisung der Polizei, sondern es wird in diesen Fällen ein Staatsanwalt eingeschaltet. Grundsätzlich ist dieser für die Ermittlung zuständig. Da der Staatsanwalt aber in den allermeisten Fällen nicht selbst die tatsächliche Ermittlungsarbeit leisten kann oder will, wie beispielsweise Zeugenvernehmungen oder Sicherung von Beweismitteln, bedient sich der zuständige Staatsanwalt der Polizei als sogenannte Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft. Tatsächlich führt dann also doch die Polizei die Ermittlungen durch aber eben nicht eigenmächtig, sondern auf Anordnung des Staatsanwalts. 

Wenn die Polizei aber nicht zum Tatort gerufen wird, hat natürlich zunächst niemand eine Ahnung von der Straftat. In diesen Fällen ist es elementar, dass jemand der Polizei einen Hinweis gibt. Dies passiert meistens durch Strafantrag oder Strafanzeige. Ein Strafantrag ist das Verlangen einer Person, dass jemand wegen einer bestimmten Straftat strafrechtlich verfolgt wird, §§ 77 ff. StGB. Ein Strafantrag kann gem. § 77 I StGB nur vom Verletzten selbst und binnen drei Monate nach der Tat gestellt werden. Eine Strafanzeige kann hingegen von jedermann gestellt werden, unabhängig davon, ob die Person selbst Verletzter ist oder nicht. 

 

Wie geht es dann weiter?

Kommt es zu einer Anzeige oder einem Strafantrag wird derjenige gebeten eine Aussage zu machen. Kann der Geschädigte einen Täter nennen wird dieser zu einer polizeilichen Vernehmung vorgeladen und befragt. Von dem Moment an wird der Täter als Beschuldigter bezeichnet und es stehen ihm besondere Rechte zu. Zum einen ist es ihm erlaubt, einen Verteidiger zu kontaktieren, § 137 StPO, und er ist nicht verpflichtet eine Aussage zu seinen Taten zu machen und ist erst Recht nicht verpflichtet, sich selbst zu belasten, § 136 I 2 StPO

Der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen steht aber neben der Vernehmung von Zeugen oder dem Beschuldigten auch noch weitere Ermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung. 

Darunter fallen Durchsuchungen, Beschlagnahmungen und Sicherstellungen, aber auch Telekommunikationsüberwachungen, Einsatz von verdeckten Ermittlern oder körperliche Untersuchungen. Möchte der ermittelnde Staatsanwalt eine Durchsuchung anordnen, kann er diese zunächst nicht eigenmächtig anordnen, sondern muss einen Ermittlungsrichter dazu bitten, einen Durchsuchungsbeschluss zu erlassen. Ermittlungsrichter sind Richter am Amtsgericht, die für die Ermittlungsrichtertätigkeit in der Ermittlungsphase zuständig sind. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich dabei nach dem Ort, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat. 

Außerdem kann die Staatsanwaltschaft beantragen, dass bereits im Ermittlungsverfahren eine richterliche Vernehmung eines Zeugen oder des Beschuldigten vorgenommen wird. Bei der Vernehmung ist der Ermittlungsrichter zuständig, in dessen Bezirk die Untersuchungshandlung vorzunehmen ist, wenn die Staatsanwaltschaft dies entsprechend zur Beschleunigung des Verfahrens beantragt. Vorteil einer richterlichen Vernehmung im Ermittlungsverfahren ist es, dass die Vernehmung in der späteren Hauptverhandlung verlesen werden kann auch wenn der Angeklagte zu der Sache eigentlich nichts sagt oder die Zeugen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben. 

Theoretisch kann der Staatsanwalt auch bereits im Ermittlungsverfahren bei dem Ermittlungsrichter einen Haftbefehl beantragen. Dazu soll in diesem Aufsatz jedoch nicht weiter eingegangen werden. 


Was passiert nach den Ermittlungen?

Am Ende der Ermittlungen muss sich der Staatsanwalt dann überlegen, ob ausreichend Gründe bestehen, um den Beschuldigten anzuklagen. Eine Anklage darf der Staatsanwalt nur bei hinreichendem Tatverdacht erheben. Konkret bedeutet das, dass er nur dann Anklage erheben darf, wenn die Wahrscheinlichkeit der Verurteilung des Beschuldigten höher ist, als sein Freispruch. Kommt der Staatsanwalt zu dem Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit der Verurteilung höher ist als ein Freispruch schreibt er die Anklageschrift und schickt sie anschließend zu Gericht. Der Beschuldigte bekommt von der Anklageschrift eine Abschrift und gegebenenfalls wird er Arbeitgeber, das Jugendamt oder der Bewährungshelfer über die Erhebung der Anklage informiert. Der Richter prüft dann die zugeschickte Anklage darauf, ob tatsächlich ein hinreichender Tatverdacht vorliegt. Ist er auch der Meinung, so erlässt er einen Eröffnungsbeschluss und lässt die Anklage damit zum Hauptverfahren zu. In dem Moment wird der Beschuldigte zum Angeklagten. Es wird ein Termin anberaumt und es kommt zur Hauptverhandlung. 

Grundsätzlich hat der Staatsanwalt aber auch die Möglichkeit, nach Abschluss der Ermittlungen festzustellen, dass kein hinreichender Tatverdacht besteht und deshalb keine Anklage erhoben werden kann. In diesen Fällen ist das Verfahren nach § 170 II StPO eingestellt. Außerdem kann, sofern zwar hinreichender Tatverdacht besteht, die Tat aber als „nicht so schlimm“ eingestuft wird, ein Strafbefehl erlassen werden. Der Strafbefehl ist letztlich ähnlich wie die Anklage aufgebaut, nur, dass bereits ein konkreter Strafausspruch festgelegt ist. Kommt der Beschuldigte dieser Strafe nach ist die Sache anschließend erledigt, ohne, dass eine Hauptverhandlung vor einem Richter stattgefunden hat. Legt er Einspruch gegen den Strafbefehl ein, kommt es zur ganz normalen Hauptverhandlung und der Einspruch wird wie eine Anklage behandelt. 

 

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Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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