Straftaten in Bezug auf Pfandflaschen

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Straftaten – Ein Haufen Pfandflaschen auf dem Boden.

Straftaten in Bezug auf Pfandflaschen

In Deutschland gibt es seit 2003 Pfand auf Einwegflaschen. Kauft man in einem Supermarkt oder ähnlichen Geschäften beispielsweise eine Flasche Wasser muss man 25 Cent mehr auf den eigentlichen Verkaufspreis zahlen und bekommt diese 25 Cent bei Abgabe der Flasche wieder zurück. Eingeführt wurde dieses System um die Umwelt vor herumliegenden Flaschen zu schützen und die Möglichkeit des Recycelns der Plasitkflaschen bzw. Dosen zu eröffnen. Aber wer wird beim Kauf einer solchen Pfandflasche Eigentümer und kann man an der eigentlichen Flasche (wichtig: es geht nicht um den Inhalt der Flasche!) einen Diebstahl begehen?

  1. Eigentumsverhältnisse der Pfandflaschen

Um eine mögliche Strafbarkeit im Rahmen von Pfandflaschen zu verstehen und zu analysieren muss man sich erst einmal über die Eigentumsverhältnisse bei Pfandflaschen im Klaren werden. 

Grundsätzlich ist zwischen zwei verschiedenen Pfandflaschenarten zu unterscheiden. Zum einen gibt es die individualisierten Mehrwegflaschen und zum anderen Einheitsflaschen. 

Das besondere an individualisierten Mehrwegflaschen ist, dass sie mehrfach verwendet werden und auf Grund einer dauerhaften Kennzeichnung als Eigentum eines bestimmten Herstellers ausgewiesen sind. Bei dieser Art der Flasche wird davon ausgegangen, dass das Eigentum an ihr beim Hersteller verbleibt. Einheitsflaschen hingegen weisen keinerlei Individualisierungsmerkmale auf und werden von unbestimmt vielen Herstellern verwendet. Werden Getränke in diesen Flaschen verkauft, erstreckt sich der Eigentumsübergang nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Flasche selbst.

Wann genau eine Individualisierung durch den Hersteller stattgefunden hat, ist umstritten und soll hier nicht weiter vertieft werden.

  1. Strafrechtliche Betrachtung

Die Einordnung der Flaschen in ein bestimmtes Pfandsystem ist aus dem Grund wichtig, weil beispielsweise ein Diebstahl nur an fremden Sachen begangen werden kann. 

Ein Problem kann sich daraus ergeben, dass der Täter, der das Leergut bei einem Händler entwendet, um es bei einem anderen Händler gegen Erstattung des Pfandgeldes zurückzugeben, jedenfalls objektiv die Sache nicht dem Eigentümer entziehen kann, weil dieser nach Vorstellung des Täters die Sache auch bei „täuschender“ Rückgabe der Flaschen stets als Eigentum zurückerhält, ihm die Sache nicht auf Dauer entzogen wird. Ein strafbares Verhalten des Täters liegt tatsächlich nur dann vor, wenn der Täter jeweils die zivilrechtliche Lage vollständig erfasst hat, was in den seltensten Fällen der Fall sein wird.

 

Für die Eigentumsverhältnisse an der jeweiligen Pfandflasche auf den verschiedenen Vertriebsstufen des Pfandsystems bis hin zum Endverbraucher ist deren konkrete Beschaffenheit maßgeblich. Ist die Flasche mit einer besonderen, dauerhaften Kennzeichnung versehen, die sie als Eigentum eines bestimmten Herstellers ausweist, verbleibt das Eigentum an ihr beim Hersteller. Weist die Flasche solche Merkmale nicht auf, geht nicht nur das Eigentum des Inhalts, sondern auch dasjenige an der Flasche selbst auf allen Vertriebsstufen auf den jeweils nächsten Erwerber über. 

Im Übrigen könnte die Zueignungsabsicht in diesem konkreten Fall problematisch sein. 

Die Zueignung setzt voraus, dass entweder die Sache selbst oder der in ihr verkörperte Wert dem Vermögen des Berechtigten dauerhaft entzogen und dem des Nichtberechtigten zumindest vorübergehend einverleibt wird. Sachwert in diesem Sinne ist nur der nach Art und Funktion mit der Sache verbundene Wert, während der erzielbare Veräußerungserlös an der Sache vom Begriff des Sachwerts nicht erfasst ist.

Hiervon ausgehend liegt eine Zueignung des Sachwertes nicht vor, wenn der Täter beabsichtigt, das entwendete Pfandgut gegen Entgeld in das Pfandsystem zurückzuführen. Dann das Pfandgeld ist nicht der unmittelbar im Pfandgut verkörperte Wert. Es dient vielmehr als Anreiz zur Rückgabe der Pfandflaschen und wird erst durch die Verwertung im Pfandsystem erzielt.  Diebstahl kommt in diesen Fällen also nur in Betracht, wenn sich der Täter die Sache selbst zueignen will. Dies setzt voraus, dass der Täter die Flaschen unter Leugnung des Eigentumsrechts des wahren Eigentümers in das Pfandsystem zurückgelangen lässt, er sich also eine eigentümerähnliche Stellung an dem Leergut anmaßen will.

Bei der Wegnahme von Einheitsflaschen ist Zueignungsabsicht zu bejahen, wenn der Täter bei zutreffender Einschätzung der Eigentumslage in der Absicht handelt, das dem Eigentümer entwendete Pfandleergut gegen Erstattung des Pfandbetrages in das Pfandsystem zurückzugeben. In diesem Fall beabsichtigt er, sich wie ein Eigentümer des Pfandleerguts zu gerieren und die Eigentümerstellung des wahren Eigentümers zu leugnen.

Bei der Wegnahme von Individualflaschen, die in den Vertrieb gelangt sind, aber gleichwohl im Eigentum des Herstellers bzw. Abfüllers verbleiben, kann es sich anders verhalten. Geht der Täter davon aus, dass das Eigentum auch bei Individualflaschen im Vertriebsweg auf den jeweiligen Erwerber der Getränke übergeht, handelt er mit der für einen Diebstahl erforderlichen Zueignungsabsicht. Nach seiner Vorstellung will er auch in diesem Fall den vermeidlichen Eigentümer enteignen und beabsichtigt, durch Rückgabe in das Pfandsystem selbst an die Stelle des wahren Eigentümers zu setzten.

Unerheblich für die Tatbestandsverwirklichung ist es, dass vom Täter entwendetes und von ihm in das Pfandsystem zurückgeführtes Individualleergut systembedingt wieder an den auf den Flaschen ausgewiesenen Eigentümer zurückgelangt, dieser also objektiv nicht enteignet wird. Ausreichend ist vielmehr, dass der Täter bei der Wegnahme in der Absicht handelt, über das entwendete Leergut unter Verdrängung des nach seiner Vorstellung wahren Eigentümers selbst wie ein Eigentümer zu verfügen.


[1] Weber, in: Rechtsnatur des Flaschenpfands, NJW 2008, 948 (948).
[2] BGH, Urteil v. 09.07.2007 – II ZR 233/05, NJW 2007, 2913 (2914).
[3] Weber, in: Rechtsnatur des Flaschenpfands, NJW 2008, 948 (948).
[4] BGH, Urteil v. 09.07.2007 – II ZR 233/05, NJW 2007, 2913 (2913).
[5] Hellmann/Beckemper, in: Der praktische Fall – Strafrecht – Die ungetreue Finderin, JuS 2001, 353 (354).
[6] Schmitz, in: MüKO StGB, § 242, Rn. 148.
[7] BGH, Beschluss v. 10.10.2018 – 4 StR 591/17, NJW 2018, 3598 (3599).
[8] BGH, Beschluss v. 10.10.2018 – 4 StR 591/17, NJW 2018, 3598 (3598).
[9] BGH, Urteil v. 09.07.2007 – II ZR 233/05, NJW 2007, 2913 (2914).
[10] BGH, Urteil v. 23.04.1953 – 3 StR 219/52, NJW 1953, 1151 (1151).
[11] BGH, Beschluss v. 21.01.1964 – 5 StR 514/63, NJW 1964, 2025 (2025).
[12] OLG Hamm, Beschluss v. 31.07.2007 – 4 Ss 208/07, NStZ 2008, 154 (155).
[13] Fischer, in: Fischer StGB, § 242, Rn. 35 a.
[14] BGH, Beschluss v. 10.10.2018 – 4 StR 591/17, NJW 2018, 3598 (3599).
[15] BGH, Beschluss v. 10.10.2018 – 4 StR 591/17, NJW 2018, 3598 (3599).
[16] BGH, Beschluss v. 10.10.2018 – 4 StR 591/17, NJW 2018, 3598 (3600).

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Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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