Rechtsextremismus in Deutschland

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Bei Sonnenuntergang weht in Deutschland eine Flagge über einem Gebäude.

In den letzten Monaten gibt es regelmäßig Schlagzeilen über Rechtsextremismus in Deutschland. Dabei werden nicht nur Anschläge wie solche in Hanau im Februar 2020 bei dem 10 Menschen ums Leben gekommen sind genannt, sondern auch eine immer mehr in die Mitte der Gesellschaft rückende rechte Szene, die neuerdings auf sogenannten Corona-Demos auf sich aufmerksam macht. So versuchten Rechte und Reichsbürger im Sommer 2020 in Berlin den Reichstag zu stürmen, oder drangen in den Bundestag ein um Abgeordnete anzupöbeln. 

Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht davon aus, dass Ende 2019 ca. 32.080 Personen rechtsextremistischen Gruppen zugeordnet werden können. 2018 waren es nur 25.350. 

Während die Anzahl rechtsextremistischer Straftaten 2017 stark zurückging und sich auf diesem Niveau auch 2018 hielt, stiegen auch die Straftaten 2019 erneut an. Dabei geht der Verfassungsschutz davon aus, dass 2019 rund 21.290 Delikte im Zusammenhang mit einer rechtsextremistischen Gesinnung begangen wurden. Dabei ist vor allem Fremdenfeindlichkeit das ausschlaggebende Motiv für rechtsextremistische Taten.

1. Bombendrohungen an deutschen Gerichten

Im Januar 2019 kam es zu bundesweiten Bombendrohungen an Gerichten. Teilweise mussten die Gerichte sogar evakuiert werden, insgesamt blieb es bei den Drohungen aber nur bei einem Versuch. 

Der Angeklagte hatte per E-Mail bundesweit Sprengstoffanschläge und andere Tötungsdelikte angedroht. Das Landgericht Berlin hat ihn deshalb zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Nach Feststellungen des Gerichts war der Angeklagte bei Tatbegehung vermindert schuldfähig, weshalb die Unterbringung in ein psychiatrisches Krankenhaus angeordnet wurde. 

Zwischen Dezember 2018 und April 2019 verschickte der Angeklagte Drohschreiben an Gerichte, Behörden, Polizeidienststellen, Einkaufszentren sowie Presseorgane und Mitglieder des Bundestags. Als Absender hat er „NationalSozialistischeOffensive“ angegeben und damit eine starke Affinität zur rechtsextremen Szene unter Beweis gestellt. 

Diese Drohungen seien nach Aussagen des LG mit „irrationalen Forderungen“ geknüpft.  Unter anderem habe er gefordert, dass die Sängerin Helene Fischer ein Video zu ihren „Gedanken über Deutschland“ hochladen soll. 

Das Gericht ging davon aus, dass der Tatbestand der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten in Tateinheit mit vollendeter bzw. versuchter Nötigung erfüllt sei. Der Angeklagte beabsichtigte mit seinen Taten, mit seinen „perfiden, menschenverachtenden, antisemitischen und rassistischen Äußerungen“ die Bevölkerung zu beunruhigen und das demokratische System der Bundesrepublik anzugreifen.

Am 09.10.2019 hatte der Angeklagte versucht, am höchsten jüdischen Feiertag die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Er warf Brand- und Sprengsätze und schoss auf die Zugangstür, gelangte aber trotz mehrerer Versuche nicht auf das Gelände. Vor der Synagoge ermordete er daraufhin eine 40jährige Passantin und in einem nahe gelegenen Dönerimbiss einen 20jährigen Mann. Auf seiner Flucht schoss der Angeklagte auf Poliozisten, fuhr mit seinem Fluchtwagen einen Schwarzen an und schoss in einem Dorf bei Halle einen Mann und eine Frau an, nachdem er vergeblich versuchte deren Auto zu bekommen. In einer Werkstatt erpresste der Angeklagte den Fahrer eines Taxis, das die Polizei letzten Endes orten konnte. Anschließend nahmen die Polizisten den Angeklagten fest und er gestand die Taten. 

Das OLG Naumburg hat den rechtsextremen Attentäter zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung. Die Richter sprachen den Angeklagten des zweifachen Mordes und des versuchten Mordes in weiteren zahlreichen Fällen schuldig und stellten außerdem die besondere Schwere der Schuld fest. Die Vorsitzende Richterin begründete ihre Entscheidung damit, dass es sich bei der Tat um einen „feigen Anschlag“ handelte. Der Angeklagte haben an vielen Stellen seine Taten und Motive relativiert.

3. Ursula Haverbeck

Bereits seit mehreren Jahren beschäftigt Ursula Haverbeck als notorische Volksverhetzerin die deutsche Justiz.

Die Angeklagte hatte im März 2018 im Rahmen eines im Internet veröffentlichten Interviews den Holocaust geleugnet. Das Gespräch hatte daraufhin ein Berliner Rechtsextremist auf seinem YouTube-Kanal verbreitet. Haverbreck wusste, dass das Interview zur Veröffentlichung gedacht war. Bei der alten Dame läge, nach Feststellungen des Gerichts, auch keine tiefgreifende Fehlvorstellung vor. Ihr ginge es ausschließlich um die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts. 

Die 92 –Jährige hatte bereits am ersten Verhandlungstag die Vorwürfe zurückgewiesen und erklärte, ihr sei nicht bekannt gewesen, dass das Gespräch veröffentlicht werden sollte.

Haverbeck behauptete wiederholt, dass das Konzentrationslager Auschwitz kein Vernichtungslager gewesen sei und der Massenmord nicht stattgefunden habe. Historiker gehen davon aus, dass in dem KZ Auschwitz mindestens 1,1 Millionen Menschen ermordet wurden.

Björn Höcke ist Fraktionschef der AfD und erlangt durch den Vorwurf der Volksverhetzung und Verleumdung immer wieder mediale Aufmerksamkeit. 

Deshalb hat die Staatsanwaltschaft nunmehr die Aufhebung der Immunität beantragt. 

Höcke soll ein Bild von einer Rackete gepostet haben mit den Worten „Ich habe Folter, sexuelle Gewalt, Menschenhandel und Mord importiert“. Rackete ist eine deutsche Kapitänin und Klimaaktivistin. In Deutschland wurde sie bekannt, weil sie mit der Sea Watch 3 insgesamt 53 Flüchtlinge rettete. Die Staatsanwaltschaft war der Meinung, dass der AfD-Politiker mit diesem Post eine bestimmte Menschengruppe pauschal als Kriminelle stigmatisiert habe. 

Der Bundesverfassungsschutz hatte Höcke bereits in der Vergangenheit als rechtsextremistische Führungspersönlichkeit eingestuft. 

Bisher ist es jedoch noch zu keiner Verhandlung in Bezug auf die Vorwürfe gekommen. 

[1] Röbel/Wiedmann-Schmidt, in: Psychisch krank-und ein Rassist, https://www.spiegel.de/panorama/justiz/hanau-anschlag-neues-gutachten-zum-taeter-psychisch-krank-und-ein-rassist-a-00000000-0002-0001-0000-000174211404, abgerufen am 21.12.2020.
[2] Hartwig, in: Eskalation drohte: Hunderte stürmen den Reichstag- Polizisten zu dritt hoffnungslos unterlegen, https://www.merkur.de/politik/berlin-reichstag-video-corona-demos-stuermung-polizei-reichsbuerger-extremisten-zr-90033134.html, abgerufen am 21.12.2020.
[3] Tagesschau.de, in: Beschimpfungen im Bundestag Gäste Vorfälle haben ein Nachspiel, https://www.tagesschau.de/inland/afd-besucher-bundestag-101.html, abgerufen am 21.12.2020.
[4] Rechtsextremistisches Personenpotential, Bundesamt für Verfassungsschutz, https://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-rechtsextremismus/zahlen-und-fakten-rechtsextremismus/rechtsextremistisches-personenpotenzial-2019, abgerufen am 21.12.2020.
[5] Rechtsextremistische Straf- und Gewalttaten, Bundesamt für Verfassungsschutz, https://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-rechtsextremismus/zahlen-und-fakten-rechtsextremismus/rechtsextremistische-straf-und-gewalttaten-2019, abgerufen am 21.12.2020.
[6] LTO Redaktion, in: Verfasser von Bombendrohungen an Gerichte verurteilt, https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/lg-berlin-510kls220-bombendrohungen-drohmails-gerichte-januar2019-verurteilt-strafe/, abgerufen am 21.12.2020.
[7] LTO Redaktion, in: Halle-Attentäter zu lebenslanger Haft verurteilt, https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/olg-naumburg-sachsen-anhalt-attentat-anschlag-halle-synagoge-mord-rechtsextremismus/, abgerufen am 21.12.2020.
[8] LTO Redaktion, in: Ursula Haverbeck muss erneut ins Gefängnis, https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ag-berlin-tiergarten-freiheitsstrafe-holocaus-leugnerin-haverbeck/, abgerufen am 21.12.2020.
[9] Lebendiges Museum Online: Das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz, https://www.dhm.de/lemo/kapitel/der-zweite-weltkrieg/voelkermord/konzentrations-und-vernichtungslager-auschwitz.html, abgerufen am 21.12.2020.
[10] Carola Rackete, https://de.wikipedia.org/wiki/Carola_Rackete, abgerufen am 21.12.2020.

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Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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