Kriminologie

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Drei Masken mit offenem Mund auf schwarzem Hintergrund, die Kriminologie betonen.

Kriminologie

In einer optimalen Welt des Strafrechts werden alle Angeklagten mit den gleichen Merkmalen oder angeklagten Straftaten gleichbehandelt, völlig unabhängig von ihrem Bildungsabschluss, ihrer Herkunft oder dem Geschlecht. Weil es aber eben doch Unterschiede gibt, haben sich schon verschiedene Wissenschaftler bemüht kriminelles Verhalten und den Sinn und Zweck von Strafe zu erklären.

 

Tätertypen

Die Tätertypologie erlaubt die Zuordnung vergangener, gegenwärtiger und zukünftiger Straftäter zu Gruppen. Das Problem an Typisierung ist, dass statistische Aussagen immer nur über eine mehr oder weniger große Gruppe getroffen werden können und in dieser Gesamtheit bestimmte Merkmale erfüllt wurden. Damit kann keine Aussage über einzelne Personen verbunden sein, weil die Aussage, dass etwas mit 80%iger Wahrscheinlichkeit eintritt, besagt eben auch, dass die Möglichkeit besteht, dass das Ereignis eben nicht eintritt. Außerdem werden solche Wahrscheinlichkeitsaussagen in den allermeisten Fällen über Typisierungen getroffen, die einen Erfolg verursacht haben. Das besagt dann, dass ein bestimmter Anteil der Personen bestimmte Merkmale erfüllt. Die Statistik sagt dann aber noch nichts darüber aus, wie viele diese Merkmale in der gesamten Population haben. Grundsätzlich kann man also festhalten, dass Tätertypologien zwar nicht dazu benutzt werden können, Ursachen kriminellen Verhaltens zu analysieren, aber sie können möglicherweise dazu herangezogen werden, um kriminelle Persönlichkeiten besser zu verstehen. 

 

Cesare Lombroso

Einer der bekanntesten Kriminologen war Cesare Lombroso. Er gilt als Begründer der kriminalanthropologisch ausgerichteten Positiven Schule der Kriminologie. Die Positive Schule verstand sich als Reaktion auf die Klassische Schule der Kriminologie und sorgte dafür, dass sich auch Mediziner und Biologen mit der Thematik der Kriminalität beschäftigten. Lombroso sorgte mit seiner Fixierung auf anatomische Körpermerkmale für eine Begünstigung der Verdächtigung und Vorverurteilung aufgrund biologischer Merkmale. Mit seiner Theorie vom geborenen Verbrecher wollte er die aufklärerische Doktrin des freien Willens reformieren. Lombroso unterschied zwischen den „geborenen Kriminellen“, den „Kriminaloiden“ und „Schwachsinnigen“. Unter Berufung seiner Theorien führten die Nationalsozialisten während des Dritten Reichs in Deutschland im Rahmen ihrer medizinisch-eugenischen Programme umfangreiche Zwangssterilisationen bei Kriminellen und Geisteskranken durch.

 

Franz von Liszt

Franz von Liszt war einer der bekanntesten Gegenspieler von Lombroso. Er unterschied bei Tätern zwischen „Besserungsfähigen“, den „Abschreckbaren“ und den „Unverbesserlichen“. Von Liszt versuchte, die Straftat durch Erforschung von Ursache des Verhaltens des Straftäters zu erklären. Seine Straftheorie war ausschließlich vom Zweckdenken beherrscht. Das bedeutete, dass der Strafvollzug nicht der Vergeltung diente, sondern der zweckgerichteten Spezialprävention. Seine Forderung lautete deshalb: Verbesserung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse und ein auf konkrete Resozialisierung des Täters ausgestalteter Strafvollzug. Der Gelegenheitstäter sollten eine Bewährungsstrafe als Denkzettel erhalten, verbesserliche Hangtäter sollen eine längere Freiheitsstrafe, die von Maßnahmen der Resozialisierung begleitet sein sollte, bekommen und unverbesserliche Hangtäter sollen dauerhaft verwahrt werden.

 

Karl Binding

Karl Lorenz Binding war ebenfalls ein renommierter Kriminologe. Nach seinen Vorstellungen sind es nicht die Strafgesetze, die von Verbrechern verletzt werden, sondern die „Normen“. Die Strafgesetze erlauben es aber immerhin, die Normen, die ihnen zugrunde liegen, zu erkennen. Das Wesen des Verbrechens liegt nach Bindings Normentheorie in der Verletzung des staatlichen Anspruchs auf Gehorsam gegenüber den Normen. Da der Staat den Einzelnen durch die Rechtsordnung vor der Verletzung seiner Rechte schützt, kann der Staat vom Bürger auch die Respektierung der Rechtsordnung verlangen. Für Binding gab es wesentliche Unterschiede zwischen bewusster und unbewusster Auflehnung gegen das Recht. Eine Vorsatzstrafe sollte nur dann greifen, wenn der Täter das Unrecht seiner Tat erkannt hatte. Um die Autorität des Gesetzes zu bewahren, bedarf es nach Binding der Strafe, worunter er eine vom Staat erzwungene Einbuße des Täters an Rechten und Rechtsgütern verstand. Das hatte zur Folge, dass der Strafvollzug nicht der Resozialisierung dienen sollte, sondern allein der „Unterwerfung des Verbrechers“ unter die siegreiche Gewalt des Rechts.

 

Cesare Beccaria

Cesare Beccaria wurde mit seinem Buch „von den Verbrechen und von den Strafen“ bekannt. In diesem Werk vertrat er die These, dass der Staat nur das Maß an Strafen verhängen sollte, welches zur Aufrechterhaltung der Ordnung erforderlich sei. Bei der Strafzumessung sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Nicht die Schwere der Strafe sei entscheidend, sondern die Konsequenz der Sanktionierung.

 

Robert Merton

Robert King Merton war der Begründer der Anomietheorie. Dabei ging er von einem Widerspruch zwischen als legitim erkannten kulturellen Zielen einer Gesellschaft und der ungleichen Verteilung der Mittel, mit denen diese Ziele zu erreichen sind, aus. In solchen Situationen entstehe, nach Ansicht von Merton, Anomie, auf die in fünf Weisen reagiert werden kann:

  • Konformität, indem kulturelle Ziele akzeptiert werden und die legalen Mittel zur Erreichung sind vorhanden.
  • Innovation, be idem kulturelle Ziele akzeptiert werden, aber die Mittel zur Erreichung sind nicht vorhanden und werden durch illegale Mittel ersetzt.
  • Ritualismus, bei dem kulturelle Ziele akzeptiert werden, aber individuell reduziert werden müssen, damit die legalen Mittel zu ihrer Erreichung genügen. 
  • Rückzug, bei dem kulturelle Ziele wie auch legale Mittel abgelehnt werden.
  • Rebellion, bei dem kulturelle Ziele und legale Mittel aufgegeben werden und durch neue ersetzt werden.



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Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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