Die Korruptionsvorwürfe im Rahmen der Maskenbeschaffung von CDU/CSU-Abgeordneten ist derzeit in aller Munde. Abgeordnete treten zurück, Umfrageergebnisse der CDU sind miserabel und auch das neuste Wahlergebnis in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg spricht Bände. Aber nicht nur auf der Vertrauensebene hat die Maskenaffäre Spuren hinterlassen, dieses Handeln könnte künftig auch strafrechtliche Konsequenzen nachsichziehen.
1. Was sind die Vorwürfe?
Nikolas Löbel, zum entsprechenden Zeitpunkt noch Mitglied des Deutschen Bundestages und der CDU angehörig, vermittelte im April 2020 von seinem Bundestags-Mailkonto samt entsprechender Kontaktdaten Verträge für eine Maskenlieferung im Rahmen der Corona-Pandemie für die Mannheimer Firma Avendi und die SRH Holding aus Heidelberg. Dafür erhielt Löbel nach eigenen Angaben eine Provision von 250.000 €. Löbel selbst sprach in diesem Zusammenhang davon, dass dies im Rahmen seiner Abgeordnetentätigkeit als marktgerecht anzusehen sei, räumte aber gleichzeitig ein, dass ihm die notwendige Sensibilität gefehlt habe. Die erhaltene Provision behielt er aber nichtsdestotrotz ein.
Ein ähnliches Bild lässt sich bei Georg Nüßlein erkennen, der ebenfalls ein Mitglied des deutschen Bundestages gewesen ist und der CSU angehörig war.
Nüßlein soll über seine Firma Tectum Holding GmbH alleinvertretungsbefugt gegen Geld einen Hersteller medizinischer Schutzmasken aus Hessen an das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat, das bayerische Gesundheitsministerium und die Bayerische Staatsregierung vermittelt haben. Für diese Vermittlungstätigkeit soll Nüßlein eine Rechnung über 660.000€ gestellt haben.
2. Straftaten von Politikern
Bei möglichen Straftaten von Politikern ist grundsätzlich das Problem, dass diese eine Immunität besitzen. Das bedeutet, dass der Amtsträger vor Strafverfolgung aufgrund seines Mandates geschützt ist. Dieser Grundsatz rührt noch von Umständen von vor 150 Jahren. Damals sollte die sich herausbildende Legislative vor möglicher Willkür der damals noch monarchischen Exekutive geschützt werden. Im Übrigen soll durch die Immunität die Freiheit der Meinungsäußerung besonders für gewählte Volksvertreter garantiert werden, da diesen den Interessen ihrer Wählerschaft verpflichtet sind.
Es kann aber natürlich nicht sein, dass die Abgeordneten sich auf Grund dieses Grundsatzes alles erlauben können. Das ist auch der Grund, weshalb der Bundestag die Immunität in Ausnahmefällen von einzelnen Abgeordneten aufheben kann.
Am 25.02.21 hob der Deutsche Bundestag Nüßleins Immunität einstimmig auf Vorschlag des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung auf. Noch am selben Tag gab es polizeiliche Durchsuchungen in seinen Büros, seines Hauses sowie von elf weiteren Objekten in Deutschland und Liechtenstein. Die Generalstaatsanwaltschaft München teilte mit, Nüßlein habe keine Umsatzsteuervoranmeldung für die Summe von 660.000 € vorgenommen. Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass ein Anfangsverdacht der Abgeordnetenbestechlichkeit sowie Steuerhinterziehung vorliege.
Als Reaktion darauf trat Nüßlein vom Amt des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden zurück und trat aus der Unionsfraktion aus und ließ mitteilen für die kommende Bundestagswahl nicht zu kandidieren. Am 08.03.21 trat Nüßlein aus der CSU aus.
3. Reaktion der Politik auf diese Vorwürfe
Die GroKo will aus diesen Vorwürfen Konsequenzen ziehen und plant diverse Gesetzesverschärfungen. Die Koalition hat anscheinend erhebliche Zweifel daran, dass mit dem geltenden Recht die Korruption von Bundestagsabgeordneten wirksam bekämpft werden kann. Deshalb soll der einschlägige Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern zum Verbrechen mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr hochgestuft werden. Neben einer Verschärfung des § 108 e StGB sieht der Vorschlag diverse Änderungen des Abgeordnetengesetzes sowie des Parteiengesetzes vor. Die parlamentarischen Transparenzregeln des Abgeordnetengesetzes sollen deutlich verschärft werden. So soll beispielsweise ein Spendenannahmeverbot für Bundestagsabgeordnete eingeführt und normiert werden.
Mitgliedern der SPD schwebt vor, dass entgeltliche Beratertätigkeiten, die neben dem Mandat in unmittelbarem Zusammenhang mit der Interessenvertretung beim Gesetzgebungsprozess stehen, sollen künftig unzulässig sein- ebenso wie die Annahme von Spenden für Abgeordnete. Außerdem sollen Beteiligungen an Kapital- und Personengesellschaften künftig ab fünf Prozent der Stimmrechte anzeige- und veröffentlichungspflichtig werden. Auch die Einkünfte aus diesen Unternehmensbeteiligungen seien anzuzeigen und zu veröffentlichen. Optionen auf Gesellschaftsanteile werden Einkünften gleichgestellt. Auch diese sollen anzeige- und veröffentlichungspflichtig sein. Dies soll unabhängig davon sein, ob sie einen bezifferbaren Wert haben.
Außerdem sollen Mitglieder des Bundestages präzisere Angaben zum Umfang der Nebentätigkeiten machen müssen. Dadurch soll offengelegt werden, ob das Mandat immer noch im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht. Alle Nebeneinkünfte sollen künftig Cent genau veröffentlicht werden.
Dazukommt, dass im Parteiengesetz eine neue jährliche Höchstgrenze von 100.000 € pro Geberin bzw. Geber eingeführt werden.
Schließlich sieht der Entwurf der SPD auch Regeln vor, die im Bereich des sogenannten Parteisponsorings für Transparenz sorgen sollen. Das war bislang im Parteiengesetz nicht ausdrücklich geregelt.
Ob diese Punkte tatsächlich zu einem Erfolg führen, bleibt abzuwarten.
Nicht anders sieht es in Bezug auf die Änderungen im StGB aus. Ob die Hochstufung der Strafe des § 108 e StGB etwas taugt, wird von vielen Juristen bezweifelt. Auch die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International bezweifelt, ob die geplante Strafschärfung eine Wirkung zeige. Um Transparenz zu schaffen, ist nach Ansicht der Experten auf ein umfassendes Lobbyregister zu setzen. Nur so werde künftig deutlich, wer zu welchem Zweck wann lobbyiert hat.
[1] Wikipedia, in: Nikolas Löbel, https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolas_Löbel, abgerufen am 15.03.21.
[2] Wikipedia, in: Georg Nüßlein, https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Nüßlein, abgerufen am 15.03.21.
[3] Wikipedia, in: Politische Immunität, https://de.wikipedia.org/wiki/Politische_Immunität, abgerufen am 15.03.21.
[4] Becker/Dahlkamp/Röbel/Schaible/Traufetter, in: Masken-Affäre- CSU Politiker soll von hessischem Lieferanten bestochen worden sein, https://www.spiegel.de/consent-a-?targetUrl=https%3A%2F%2Fwww.spiegel.de%2Fpolitik%2Fdeutschland%2Fgeorg-nuesslein-csu-politiker-soll-von-hessischem-lieferanten-bestochen-worden-sein-a-4f7a49ca-beb1-40f1-b4a8-3376e9c6d559, abgerufen am 15.03.21.
[5] Süddeutsche Zeitung, in: CSU-Abgeordneter Nüßlein zieht sich aus Fraktionsspitze zurück, https://www.sueddeutsche.de/politik/nuesslein-csu-ermittlungen-1.5226614, abgerufen am 15.03.21.
[6] Süddeutsche Zeitung, in: Blume: Nüßlein aus CSU ausgetreten, https://www.sueddeutsche.de/politik/bundestag-blume-nuesslein-aus-csu-ausgetreten-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210308-99-738568, abgerufen am 15.03.21.
[7] Suliak, in: Abgeordnetenbestechung soll zum Verbrechen werden, https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bundestag-bestechung-bestechlichkeit-abgeordnete-verhaltensregeln-spenden-berater-sponsoring-maskenaffaere-cducsu-spd-verbrechen-korruption-transparenz/, abgerufen am 15.03.21.
[8] Suliak, in: Abgeordnetenbestechung soll zum Verbrechen werden, https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bundestag-bestechung-bestechlichkeit-abgeordnete-verhaltensregeln-spenden-berater-sponsoring-maskenaffaere-cducsu-spd-verbrechen-korruption-transparenz/, abgerufen am 15.03.21.