Vermutlich gibt es in jedem Land Gruppen, die sich im Untergrund formatieren und planen, die Regierung zu stürzen. So passiert es auch in Deutschland. Dabei ist zu hoffen, dass der Verfassungsschutz die meisten dieser Gruppen beobachtet und die Möglichkeit hat, im entscheidenden Moment zuzuschlagen und ein Putsch zu verhindern.
Aktuelle läuft ein Prozess gegen eine Reichsbürgerbewegung, die zum Ziel hatte, die deutsche Regierung abzusetzen.
Heinrich XIII Prinz Reuß
Heinrich XIII Prinz Reuß ist ein deutscher Immobilienunternehmer und Angehöriger des Hauses Reuß, der als Akteur in der Reichsbürgerbewegung in Erscheinung getreten ist. Er wird als zentrale Figur der mutmaßlich rechtsterroristischen Gruppierung „Patriotische Union“ betrachtet, die den gewaltsamen Umsturz des politischen Systems in Deutschland vorbereitet haben soll. In diesem Zusammenhang wurde er im Dezember 2022 unter dem dringenden Tatverdacht verhaftet, einer der beiden Rädelsführer einer terroristischen Vereinigung zu sein. Deswegen sowie wegen des Verdachts der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens wurde er im Dezember 2023 vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main angeklagt.
Die Patriotische Union
Als „Patriotische Union“ bezeichnete sich eine deutsche, mutmaßlich rechtsterroristische Gruppe der Reichsbürger- und QAnon-Bewegung. In Medienberichten wird sie nach ihrem Anführer Heinrich XIII. Prinz Reuß oft auch Reuß-Gruppe genannt.
Am 7. Dezember 2022 machte der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof die Gruppe bekannt und erhob den dringenden Verdacht, sie habe eine terroristische Vereinigung gebildet und einen bewaffneten Staatsstreich gegen die staatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland geplant. Bei einer weiträumigen Razzia ließ er zunächst 25, später nochmals drei mutmaßliche Mitglieder oder Unterstützer der Gruppe festnehmen. Seit August 2023 werden insgesamt 69 Personen als Mitglieder oder Unterstützer der Gruppe beschuldigt. Am 11. Dezember 2023 erhob der Generalbundesanwalt Anklage gegen 27 dieser Personen wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens.
Die Gruppe wurde im November 2021 gegründet und plante seit dem, die staatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, schon in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Sie strebte nach Eigenaussagen einen „Systemwechsel auf allen Ebenen“ an. Die Mitglieder seien bereit gewesen, dafür militärische Mittel einzusetzen und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten bis hin zu Tötungsdelikten zu verüben. Ein Kommando aus ehemaligen Soldaten der Bundeswehr beabsichtigte, an einem „Tag X“ mit Waffengewalt den Deutschen Bundestag zu stürmen, Abgeordnete abzuführen und über ein Codewort im Radio „Blackouts“ auszulösen, um die Bundesregierung zu stürzen. Eine Übergangsregierung mit Heinrich Reuß an der Spitze sollte die Bundesregierung dann ersetzen. Laut einem Privatbrief von Reuß an den bekannten „Reichsbürger“ Matthes Haug hatte die Gruppe diese Übergangsregierung intern bis März 2022 aufgestellt. Der Sturm des Parlamentsgebäudes sollte Aufstände provozieren.
Es ist davon auszugehen, dass die Putschisten den Bundestag bei einer Plenarsitzung stürmen wollten, den Bundeskanzler und alle anwesenden Minister festnehmen, fesseln und als Geiseln im Fernsehen vorführen, damit sich Regierungsgegner aus Behörden und Institutionen dem Umsturzversuch anschließen würden.
Aktuelle Prozesse
Derzeit verhandeln drei Oberlandesgerichte deutschlandweit über die Strafbarkeit der Taten der Mitglieder der Gruppe.
Als erstes hat das Oberlandgericht Stuttgart mit dem Prozess begonnen.
Derzeit sind im Zusammenhang mit der Prinz-Reuß-Gruppe 27 Personen angeklagt und in Untersuchungshaft.
In Stuttgart sind insgesamt neun Menschen angeklagt. Vorwurf ist dabei die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gem. § 129a StGB und die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gem. § 83 StGB.
Ab dem 21.05.2024 wird der Prozess gegen den Rädelsführer Prinz Reuß beginnen. In Frankfurt sind neben Prinz Reuß noch weitere neun Menschen angeklagt.
Weitere acht mutmaßliche Mitglieder der Gruppe müssen sich dann ab Juni vor dem Oberlandesgericht München verantworten.
Bei Organisationsprozessen geht es in der Beweisaufnahme meist primär darum, wie die Vereinigung organisiert war, ihre Gründung, ihre Strukturen und die internen Willensprozesse. Darüber hinaus ist in der Beweisaufnahme maßgeblich Thema, inwieweit der einzelne Angeklagte in die Prozesse eingebunden gewesen ist.
Die neun Angeklagten in Stuttgart haben 22 Anwälten, darunter vier Wahlverteidigern. Die Angeklagten sind in unterschiedlichen Gefängnissen rund um Stuttgart untergebracht, um Absprachen zu verhindern. Sie müssen also für jeden Verhandlungstag nach Stuttgart gefahren werden.
Im Stuttgarter Prozess sind über 300 Zeugen benannt, darunter 270 Polizisten. Auch die 18 Angeklagten der beiden anderen Prozesse könnten, wenn sie aussagen wollen, als Zeugen in Stuttgart vernommen werden.
Wegen des brisanten Prozessstoffs sind die Sicherheitsvorkehrungen streng. Die Angeklagten sitzen in einem per Glasschreibe abgetrennten Bereich des Verhandlungssaals. Mit ihren Anwälten können sie sich nur über eine Sprechanlage unterhalten. Auch der Zuschauerraum ist durch eine Glasscheibe abgetrennt.
[1] Heinrich XIII Prinz Reuß, Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_XIII._Prinz_Reuß, abgerufen am 29.04.2024.
[2] Patriotische Union, Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Patriotische_Union, abgerufen am 29.04.2024.
[3] Patriotische Union, Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Patriotische_Union, abgerufen am 29.04.2024.
[4] Patriotische Union, Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Patriotische_Union, abgerufen am 29.04.2024.
[5] Rath, in: „kein Schauprozess in der Turnhalle“, LTO, https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/olg-stuttgart-stammheim-reichsbuerger-prozess-prinz-reuss-militaerischer-arm/, abgerufen am 29.04.2024.
[6] Rath, in: „kein Schauprozess in der Turnhalle“, LTO, https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/olg-stuttgart-stammheim-reichsbuerger-prozess-prinz-reuss-militaerischer-arm/, abgerufen am 29.04.2024.