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Beleidigung, Volksverhetzung und Verleumdung

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Eine Person mit Maske sitzt in einem schwach beleuchteten Raum und benutzt einen Laptop. Das Licht des Bildschirms beleuchtet ihr Gesicht, während sie sich intensiv auf den Kampf gegen Online-Verleumdung konzentriert. Ihre Hände ruhen auf der Tastatur, bereit, schädliche Falschinformationen abzuwehren.

Zu Zeiten der Coronapandemie waren viele Menschen unzufrieden mit der Politik. Manche haben sich gegen erlassene Maßnahmen gewehrt, andere haben die Politik lautstark kritisiert und wieder andere sich in Internetplattformen radikalisiert bzw. zu Gruppen zusammengeschlossen und Verschwörungstheorien verbreitet. In manchen dieser Internetforen ging es um strafrechtlich nicht relevante Themen, die nur die Richtigkeit der Coronamaßnahmen angezweifelt oder das Bestehen einer echten Gefährdungslage infrage gestellt haben. In anderen Foren oder Gruppen haben sich die Mitglieder jedoch wegen Beleidigung, Volksverhetzung oder Verleumdung strafbar gemacht, indem sie Inhalte verbreitet haben, die nicht der Wahrheit entsprachen oder diffamierend waren.

Definition von Beleidigung, Volksverhetzung und Verleumdung

Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Wenn die Beleidigung öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) oder mittels einer Tätlichkeit begangen wird, erhöht sich das Strafmaß auf bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe (§ 185 StGB). Dabei ist entscheidend, dass nicht mehr die Auseinandersetzung mit Tatsachen im Vordergrund steht, sondern die Diffamierung der Person in besonderem Maße gewollt ist.

Verleumdung wird bestraft, wenn gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) eine Beleidigung (§ 185) aus Beweggründen begangen wird, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen. Ist die Tat geeignet, das öffentliche Wirken dieser Person erheblich zu erschweren, beträgt das Strafmaß Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe (§ 188 StGB). Das politische Leben des Volkes reicht dabei bis hin zur kommunalen Ebene.

Eine Volksverhetzung begeht, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, gegen eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder die Menschenwürde anderer angreift. Dies geschieht, indem eine Gruppe, Teile der Bevölkerung oder eine Einzelperson beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet wird. Das Strafmaß liegt bei Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren (§ 130 StGB).

Der Fall

Eine Verharmlosung des Nationalsozialismus als Ideologie oder eine anstößige Geschichtsinterpretation dieser Zeit allein im Sinne einer „Vergiftung des geistigen Klimas“ oder einer Kränkung des Rechtsbewusstseins der Bevölkerung begründet keine Strafbarkeit nach § 130 Abs. 3 StGB. Die Meinungsäußerung muss vielmehr über die Überzeugungsbildung hinaus mittelbar auf Realwirkungen angelegt sein und rechtsgutgefährdende Folgen, etwa in Form von Appellen zum Rechtsbruch, aggressiven Emotionalisierungen oder durch Herabsetzung von Hemmschwellen, unmittelbar auslösen können.

Ob die Beleidigung einer Person des politischen Lebens gemäß § 188 Abs. 1 StGB geeignet ist, deren öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, ist – im Unterschied zur Verleumdung – unter Berücksichtigung der Gesamtumstände der Äußerung zu bestimmen.

Die kleine Strafkammer sprach den Angeklagten mit dem angefochtenen Urteil vom 24. Januar 2024 wegen widerrechtlicher Verbreitung und Schaustellung eines Bildnisses, wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zwei Fällen und wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Verleumdung einer Person des politischen Lebens schuldig. Er wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, sowie zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je zehn Euro.

Die Verurteilung wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Verleumdung einer Person des politischen Lebens betraf eine Tat vom 18. Dezember 2021. Der Angeklagte veröffentlichte in seinem öffentlich einsehbaren Telegram-Kanal ein Pressefoto, das den Bundesgesundheitsminister als Impfarzt bei einer Covid-19-Impfung zeigt, und kommentierte es mit der Textzeile: „Dr. Josef Mengele, 1943, nachkoloriert.“

Josef Mengele war ein deutscher nationalsozialistischer Kriegsverbrecher. Er wurde von Mai 1943 bis Januar 1945 als Lagerarzt im KZ Auschwitz-Birkenau eingesetzt. In dieser Funktion nahm er Selektionen vor, überwachte die Vergasung der Opfer und führte menschenverachtende medizinische Experimente an Häftlingen durch. Er sammelte Material und betrieb Studien zur Zwillingsforschung, zu Wachstumsanomalien, zu Methoden der Sterilisation von Menschen und zur Transplantation von Knochenmark sowie zur Therapie von Fleckfieber und Malaria.

Dagegen legte der Angeklagte Revision ein.

Entscheidung des OLG

Die Revision hinsichtlich der Tat der Verleumdung in Tateinheit mit Volksverhetzung hatte Erfolg.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist in Fällen der Verharmlosung des Holocaust dem Begriff des öffentlichen Friedens ein eingegrenztes Verständnis zugrunde zu legen. Nicht tragfähig ist ein Verständnis des öffentlichen Friedens, das auf den Schutz vor subjektiver Beunruhigung der Bürger durch die Konfrontation mit provokanten Meinungen und Ideologien zielt.

Die mögliche Konfrontation mit beunruhigenden Meinungen, selbst wenn sie in ihrer gedanklichen Konsequenz gefährlich oder auf eine prinzipielle Umwälzung der geltenden Ordnung gerichtet sind, gehört zum freiheitlichen Staat. Der Schutz vor einer „Vergiftung des geistigen Klimas“ ist ebenso wenig ein Eingriffsgrund wie der Schutz der Bevölkerung vor einer Kränkung ihres Rechtsbewusstseins durch totalitäre Ideologien oder eine offenkundig falsche Interpretation der Geschichte.

Eine Verharmlosung des Nationalsozialismus als Ideologie oder eine anstößige Geschichtsinterpretation dieser Zeit allein begründen keine Strafbarkeit. Ein legitimes Schutzgut ist der öffentliche Frieden hingegen in einem Verständnis als Gewährleistung von Friedlichkeit. Ziel ist hier der Schutz vor Äußerungen, die ihrem Inhalt nach erkennbar auf rechtsgutgefährdende Handlungen hin angelegt sind.

Die Wahrung des öffentlichen Friedens bezieht sich insoweit auf die Außenwirkungen von Meinungsäußerungen, etwa durch Appelle oder Emotionalisierungen, die bei den Angesprochenen Handlungsbereitschaft auslösen, Hemmschwellen herabsetzen oder Dritte unmittelbar einschüchtern. Eine Verurteilung kann dann an Meinungsäußerungen anknüpfen, wenn sie über die Überzeugungsbildung hinaus mittelbar auf Realwirkungen angelegt sind und etwa in Form von Appellen zum Rechtsbruch, aggressiven Emotionalisierungen oder durch Herabsetzung von Hemmschwellen rechtsgutgefährdende Folgen unmittelbar auslösen können.

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Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

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