Auch ohne Täter versuchte Anstiftung zum Mord

Beitrag teilen

Ein Silhouettenbild einer Person in Anzug und Krawatte, die von einer riesigen Hand durch Fäden gesteuert wird. Ein weiterer Faden ist an einem Dollarzeichen befestigt, das an „Verrückte Verbote“ erinnert. Die Szene ist von der Umrisslinie einer Glühbirne vor schwarzem Hintergrund eingerahmt.

In einer hochaktuellen Entscheidung hat der BGH nunmehr festgelegt, dass wer sich mit einem anderen dazu verabredet, jemanden Dritten zu einem Verbrechen zu bestimmen oder anzustiften, sich selbst dann wegen eines Versuchs zu dieser Straftat strafbar macht, wenn der Täter noch gar nicht feststeht. 

Was war passiert?

Zwei Männer hatten sich verabredet, einen Dritten zu einem Mord anzustiften. Der eine Angeklagte hatte dabei den Plan entwickelt, jemanden zu finden, der gegen eine Zahlung in Höhe von 10.000€ bereit war, seinen verhassten Nachbarn zu töten. Zwischen dem Nachbarn und dem Angeklagten herrschte Streit, der in einer Vielzahl von Strafanzeigen gipfelte. Der Angeklagte soll zum damaligen Zeitpunkt gesagt haben, dass er „die Schnauze voll habe“ und „der Nachbar nunmehr entweder getötet oder zumindest so schwer verletzt werden sollte, dass er zu einem Pflegefall würde und wegziehen müsste“. Da er selbst aber keinerlei Kontakt zu potentiellen Mördern hatte, sprach er im Sommer 2021 den nunmehr Mitangeklagten an. Dieser war in entsprechenden Kreisen besser vernetzt und sie verabredeten sich, einen Täter gemeinsam zu suchen, wobei sich der Mitangeklagte, nach Feststellungen des Gerichts, das Tötungsanliegen des anderen Angeklagten zu eigen machte. Beide beschlossen, dass der Nachbar noch vor Weihnachten 2021 umgebracht werden sollte. Der Mitangeklagte machte sich daraufhin im Bekanntenkreis auf die Suche und vermittelte drei Personen, die sich aber zunächst als ungeeignet erwiesen. Zudem wurde dem Mitangeklagten ein Hinweis gegeben, dass die Polizei Kenntnis von seiner Tatplanung erhalten hatte. Das gemeinsame Tatvorhaben sollte demnach nicht stattfinden. 

Die Ermittler konnten aber so viele Beweise sammeln, dass es zu einer Anklage und der Eröffnung der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Magdeburg kam.

 

Entscheidung des Landgerichts Magdeburg

Das Landgericht Magdeburg sprach die beiden Angeklagten frei. Das Landgericht verneinte zum einen die Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung zu einem Verbrechen. Die Angeklagten hätten sich lediglich der allgemeinen Tatbereitschaft der angesprochenen Personen versichert und seien noch nicht in das Versuchsstadium der Anstiftung eingedrungen. Die Voraussetzungen für eine Verabredung der Angeklagten seien ebenfalls nicht erfüllt, da es an einer hinreichenden Konkretisierung der vorgesehenen Anstiftung fehle. 

Grundsätzlich sei es zwar nach Auffassung des Landgerichts nicht notwendig, dass detaillierte Vorgaben gemacht worden seien, wenn dem Täter die Art der Tatausführung gleichgültig sei, die allgemeinen Verabredungen zwischen den beiden Angeklagten sei aber zu vage und liege lediglich in einem straflosen Vorbereitungsstadium. Die Absprachen mit den drei vorgeschlagenen Personen sei aus Sicht der Angeklagten nicht inhaltlich konkret gewesen. Außerdem stellte das Landgericht fest, habe es an der hinreichenden Verbindlichkeit der Abrede zwischen den Angeklagten gefehlt. Die Übereinkunft sei jedenfalls nicht auf eine zwingende gemeinsam Umsetzung gerichtet gewesen.

 

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Gegen die Entscheidung des Landgerichts Magdeburg legte die Staatsanwaltschaft Revision ein. Der BGH hob daraufhin die Entscheidung des Landgerichts auf und verwies die Sache an eine andere Kammer. 

Der BGH ging davon aus, dass sich die Angeklagten sehr wohl einer verabredeten Anstiftung zum Mord bzw. entsprechender schwerer Körperverletzung strafbar gemacht. Eine Verabredung zur Anstiftung setze lediglich eine vom ernstlichen Willen getragene Einigung von mindestens zwei Personen voraus, gemeinschaftlich einen Dritten zur Begehung eines bestimmten Verbrechens anzustiften. Dafür sei es nicht erforderlich, dass die Tat bereits in allen Einzelheiten feststehe und festgelegt sei, sondern es reiche aus, wenn die wesentlichen Grundzüge der in Aussicht genommenen Tat feststünden. Im Übrigen ging der BGH in seiner Entscheidung davon aus, dass solange die Tat nicht völlig im Vagen läge, sogar Zeit, Ort und Modalität der Ausführung noch im Einzelnen offen liegen könnten. 

Im konkreten Fall hätten die Angeklagten aber ein konkret individualisierbares Geschehen. Dies gelte sowohl für die Bestimmung eines mutmaßlichen Täters als auch für die von diesem zu begehende Haupttat. Die Angeklagten hätten sich darüber verständigt, wer das Tatopfer sein sollte, die in Betracht gezogene Begehungsweise bei der Auswahl des späteren Täters sowie Tatmotive besprochen. Im Übrigen hätten sich die Angeklagten darauf verständigt, in welchem Zeitraum die Tat passieren sollte. 

Der BGH hielt in seiner Entscheidung hingegen für nicht maßgeblich, dass im Zeitpunkt der Verabredung der Angeklagten kein mutmaßlicher Täter feststand und letztlich sogar unklar war, ob überhaupt jemals ein solcher gefunden werden konnte. „Hierbei handelt es sich um vom Willen der Beteiligten losgelöste Bedingungen, denen mit Blick auf den Zweck der zeitlichen Vorverlagerung der Strafbarkeit nach § 30 Abs. 2 StGB keine Bedeutung zukommt“, so der BGH. 

Entscheidend sei viel eher gewesen, dass die Angeklagten fest entschlossen gewesen seien, nach erfolgreicher Suche die tatgeneigte Person anzustiften. „Schon die Willensbindung der Beteiligten begründete eine Gefahr für das durch die vorgestellte Tat bedrohte Rechtsgut, weil bereits die wechselseitige psychische Bindung den Anstiftungsversuch und die Begehung der Haupttat wahrscheinlicher macht“, sagt der BGH.

[1] BGH, Urteil v. 29.11.2023 – 6 StR 179/23, BeckRS 2023, 37812, Rn.1-5.
[2] BGH, Urteil v. 29.11.2023 – 6 StR 179/23, BeckRS 2023, 37812, Rn.6.
[3] BGH, Urteil v. 29.11.2023 – 6 StR 179/23, BeckRS 2023, 37812, Rn.10 ff.
[4] BGH, Urteil v. 29.11.2023 – 6 StR 179/23, BeckRS 2023, 37812, Rn.11.
[5] BGH, Urteil v. 29.11.2023 – 6 StR 179/23, BeckRS 2023, 37812, Rn.13.

Suche

Über mich

Mein Name ist Tobias P. Ponath und ich bin Strafverteidiger und Rechtsanwalt. Ich bin Fachanwalt für Strafrecht und arbeite seit 2009 als Rechtsanwalt in Hamburg. Hier informiere ich über grundsätzliche Themen und Rechtsgebiete und über strafrechtliche Themen im Besonderen. Ich freue mich über Feedback, Fragen und Anregungen.

Letzte Beiträge

Like

Cookie-Einstellungen